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Keine Bundeswehr in Mali

Im Wortlaut von Niema Movassat,

Niema Movassat plädiert für einen Dialog mit den Rebellen

Gastkolumne von Niema Movassat, Mitglied im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

 

 

Der französische Präsident François Hollande, der vor einigen Wochen noch ein Ende der »Françafrique« ankündigte, den Bruch mit dem postkolonialen Beziehungsgeflecht zwischen Frankreich und seinen ehemaligen Kolonien, der damit suggerierte, man werde sich auch militärisch stärker zurückhalten, ist nun Kriegsherr in Mali. Vorbei an der französischen Öffentlichkeit, in alter kolonialer Tradition, einseitig und aggressiv, hat er den Kriegsbefehl gegeben. Die USA, Großbritannien und Deutschland erweisen sich als treue Bündnispartner, die ihre politische und militärische Unterstützung zu einem »Bündnis der Willigen« zugesagt haben.

Frankreich beruft sich für den Einsatz darauf, dass die radikalen Kräfte, die Nordmali als Staat »Azawad« abgespalten haben, drohen, auch den Süden zu erobern. Deshalb habe die malische Regierung Frankreich um eine Intervention gebeten. Doch dieser malischen Regierung fehlt jede Legitimität im eigenen Land. Sie wurde in den letzten Monaten mehrmals putschartig ausgetauscht, ist schwach und von der Gnade der Armee abhängig. Nach innen setzt sie auf Repression und hat den Ausnahmezustand ausgerufen. Die Folge: Meinungs- und Versammlungsfreiheit sind abgeschafft. Die letzten Reste der Demokratie werden eingestampft. Wie kann man für Befreiung und Demokratie im abgespaltenen Norden eintreten, wenn man im eigenen Gebiet eine diktatorische Herrschaft errichtet?

Der Westen hat den Konflikt in Mali geschaffen, als er in Libyen Krieg führte. Waffen aus Muammar al-Gaddafis Depots landeten bei Rebellenbewegungen in Mali. Zusätzlich rüsten mit dem Westen verbündete Staaten wie Saudi-Arabien und Katar die islamischen Rebellen auf und finanzieren sie. In Afrika selbst bedient man sich diktatorischer Bündnispartner: Der Präsident des Nachbarlandes Burkina Faso, Blaise Compaoré, hat sich 1987 an die Macht geputscht. Sein Land dient als Hauptbasis der militärischen Operation. Und heute weilt der Präsident der Elfenbeinküste Alassane Ouattara in Deutschland. Ein weiterer, erst kürzlich durch Frankreich ins Amt geputschter Verbündeter.

Worum geht es Frankreich und seinen Verbündeten bei dem Einsatz wirklich? Der Norden Malis ist reich an Bodenschätzen wie Erdöl, Erdgas und Uran. Für nahezu das gesamte Gebiet haben sich ausländische Unternehmen Explorationsrechte gesichert. Ein Schelm, wer denkt, diese wirtschaftlichen Interessen würden keine Rolle spielen. Zudem bezieht Frankreich sein Uran aus dem Nachbarland Niger. Es hat deshalb kein Interesse, das die islamischen Rebellen dort einmarschieren. Ökonomisch steht Frankreich mit dem Rücken zur Wand. Seine Wirtschaft baut weiter auf der ökonomischen Plünderung Afrikas auf, die durch das in Afrika bis heute benutzte und immer mehr in Frage gestellte Kolonialgeld CFA-Franc abgesichert wird. Zur Erhaltung dieses Systems will Frankreich sich den militärischen und politischen Einfluss in seinen ehemaligen Kolonialgebieten sichern. Der Einsatz Frankreichs und seiner Verbündeter steht in schlechter imperialistischer Tradition.

Und Deutschland? SPD und Grüne entpuppen sich im Mali-Krieg, wie schon im Libyen-Krieg, als die wahren Kriegstreiber. Die Bundesregierung hat Frankreich Unterstützung zugesagt. Die einzig verbliebene Opposition, die sich klar gegen eine Militärintervention stellt, ist die LINKE. Sie steht hierbei auf Seiten der progressiven Kräfte Malis, welche einen ernsthaften Dialog mit den Rebellen im Norden fordern.

 

Neues Deutschland, 16. Januar 2013