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Iranische Ankündigung heizt Debatte über Raketenabwehrsystem an

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Frankfurt/Main (AP) Die iranische Ankündigung, Uran-Anreicherung künftig in industriellem Maßstab betreiben zu wollen, hat in Deutschland die Diskussion um das umstrittene amerikanische Raketenabwehrsystem angeheizt. Der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Walter Kolbow sagte er »Berliner Zeitung«, es sei falsch, nun die Schlussfolgerung zu ziehen, dass das umstrittene US-Raketenabwehrsystem installiert werden müsse. Zwar habe der Iran einen Schritt in die falsche Richtung getan. Es sei aber noch die Stunde der Diplomatie. Dagegen sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses Ruprecht Polenz (CDU) der »Bild«-Zeitung, die Frage einer gemeinsamen Abwehr gehöre auf die Tagesordnung der NATO.

Zweifel an der iranischen Darstellung, wonach Teheran atomaren Brennstoff herstellen kann, äußerte der Frankfurter Rüstungsexperte Harald Müller. Nach allem, was bisher bekannt sei, sehe er keinen Grund zum Alarm, sagte der Vorstand der Hessischen Stiftung für Friedens- und Konfliktforschung der »Frankfurter Rundschau«. Nach dem, was bislang über die Kapazitäten des Iran bekannt sei, habe dieser allenfalls Einzelteile einer Brennstofffabrik. Ahmadinedschad versuche mit einem „großen Bluff“, nationale Gefühle zu mobilisieren. Ziel sei es, «über die eigene Schwäche hinweg zu täuschen und sich im Amt halten zu können».

Der Orientexperte Peter Scholl-Latour schloss angesichts der Atom-Erklärung Teherans einen US-Angriff auf den Iran nicht aus: «Im Zuge der Bekämpfung des weltweiten Terrorismus kann US-Präsident Bush die Atomanlagen des Irans bombardieren lassen», sagte Scholl-Latour dem «Münchner Merkur». Scholl-Latour warnte jedoch eindringlich vor den Folgen eines Angriffs: «Wenn dieser Konflikt käme, wäre dies eine absolute Katastrophe». Beispielsweise könne es zu Angriffen von Selbstmord-Kommandos auf Tanker in der Straße von Hormus kommen.

CDU-Politiker auf den Spuren des Kalten Krieges

Berlin (linksfraktion.de) Die Forderungen der CDU/CSU-Außenpolitiker Ruprecht Polenz und Eduard Lintner sowie des Unionsfraktionsvize im Bundestag, Andreas Schockenhoff, nach einem europäischen Raketenabwehrsystem sind für Wolfgang Gehrcke von der Fraktion DIE LINKE. das grundfalsche Signal. Experten weisen darauf hin, dass der Iran mit den aktuellen Bekanntmachungen über sein Atomprogramm vor allem Handlungsfähigkeit beweisen und Drohpotenzial aufbauen will. Die Unionspolitiker nutzen diese Gelegenheit, eigene Raketenpläne wieder in die öffentliche Diskussion zu bringen. Diese Pläne drohen, Europa in Zonen unterschiedlicher Sicherheit aufzuspalten; sie grenzen Russland aus und bergen die Gefahr der erneuten Spaltung des Kontinents.

Gehrcke rät: "Statt in Reflexe des Kalten Krieges zu verfallen und die Stationierung zusätzlicher Raketen in Deutschland zu fordern, sollten endlich die verbliebenen US-Atomwaffen aus Deutschland abgezogen werden. Nur eine weltweite Abrüstung der bestehenden Nuklearbestände - wie im Atomwaffensperrvertrag festgeschrieben - wird ein erneutes Wettrüsten verhindern können." Forderungen nach neuen Raketenabwehrschirmen hingegen provozieren geradezu den Einstieg in eine neue Rüstungsspirale.