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Immer noch ein weiter Weg

Periodika von Bodo Ramelow,

Gut zwei Wochen lang hatten sich die Bischöfe zu einer Familienkonferenz im Vatikan zurückgezogen.Zuvor ergab eine Umfrage unter Gläubigen, dass ihre Lebenswirklichkeit anders ist, als die Glaubensgrundsätze der katholischen Kirche sie festschreibt. Die Erwartungen für einen liberalen Umgang mit Lesben und Schwulen oder Geschiedenen waren hoch. Auch wenn im Kern noch alles unangetastet blieb, ist die Konferenz eine Hoffnung.

Eine außerordentliche Bischofsynode zu den Themen Ehe und Familie. Die einen bauten auf eine Anpassung der Regeln an die Lebenspraxis vieler Menschen, andere erhofften sich ein klares Festhalten an bestehenden Vorgaben, weil die Kirche nur auf diese Weise Halt für Suchende geben könne. Papst Franziskus machte auch hier wieder etwas Beeindruckendes: Er ließ eine offene Diskussion darüber zu. Diese Auseinandersetzung ist keine einfache. Als Parteipolitiker habe ich immer die Erfahrung gemacht, dass klare Sprache und eine offene Argumentation in solchen Prozessen nur gut tun. Sie helfen am Ende, ein gegenseitiges Verständnis zu entwickeln und auch als Unterlegener die Entscheidung akzeptieren zu können. So scheint es auch Franziskus handhaben zu wollen.Nun sind die Ergebnisse der Synode konservativer ausgefallen, als es der Zwischenbericht erhoffen ließ. Es gab Worte der Öffnung in Richtung homosexueller Menschen und wiederverheirateter Geschiedener, die konkreten Beschlüsse dagegen sind sehr zurückhaltend formuliert: In allen Kulturen ließen sich „Spuren der Wahrheit“ finden. Katholische Theologen sagen, dass dies als Signal der Offenheit zu verstehen sei. Als Linker und Protestant meine ich, dass in der Frage der Offenheit noch ein weiter Weg vor der Kirche liegt. Die Art und Weise, wie Franziskus die Fragen der Zeit angeht, lässt mich jedoch weiter hoffen. Auch weil Franziskus mich beeindruckt. Immer wieder. Seitdem er im März 2013 zum Oberhaupt der Kirche wurde, hat der Papst bereits viele wichtige Reformen in Gang gesetzt, sei es Äußerungen oder auch nur durch bestimmte Gesten. Papst Franziskus hat sich konsequent den Menschen zugewandt. Es ist immer wieder zu spüren, wie sehr ihn die Lebenswelt der Gläubigen beschäftigt. Eine Lebenswelt, in der es auch Widersprüche gibt, auf die auch die reine Lehre der Amtskirche nicht immer überzeugende Antworten zu geben scheint. Franziskus aber sucht nach diesen Antworten und übersetzt sie in die Sprache der Menschen.

 

Bodo Ramelow ist Protestant, Vorsitzender der Fraktion DIE LINKE. im Thüringer Landtag