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Hartz IV ersetzen durch gute Arbeit und eine sanktionsfreie Mindestsicherung

Im Wortlaut von Katja Kipping,

Von Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Hartz IV bedeutet Armut und Ausgrenzung per Gesetz. 14 Jahre praktische Erfahrung mit Hartz IV haben uns in dieser Ansicht bestärkt. Deswegen werden wir nicht ruhen und nicht nachlassen in unserem Widerstand gegen diese Politik der Schikane und Entrechtung, die in der Tradition der entmündigenden Armenpolitik steht.

DIE LINKE macht sich immer wieder stark dafür, dass es grundlegende Alternativen zu Hartz IV gibt. Und wir thematisieren die konkreten Probleme, die durch diese Politik der Bundesregierung entstehen.

So zum Beispiel bei den angeblich angemessenen Kosten für Unterkunft und Heizung bei Hartz IV und den anderen Grundsicherungen, die oft aber nicht ausreichen, um die tatsächlich anfallenden Mietkosten zu decken. Über eine halbe Milliarde Euro werden jährlich den betroffenen Menschen in Hartz IV für die Deckung ihrer tatsächlichen Mietkosten vorenthalten. Sie bekommen vom Jobcenter nur die angeblich angemessenen Kosten ersetzt. Das ist oft weniger als die Miete wirklich kostet. Das verbirgt sich hinter dem Begriff Wohnkostenlücke.

Die Menschen reagieren auf unterschiedliche Art und Weise auf dieses Problem. Die einen sehen sich gezwungen, ihr vertrautes Wohnumfeld zu verlassen. Gesellschaftlich befördert das die Konzentration von ärmeren Menschen in einzelnen Stadtteilen. Andere wiederum sparen sich die Differenz zwischen den vom Jobcenter ersetzten Wohnkosten und den höheren tatsächlich anfallenden Wohnkosten vom Munde ab. Und das von einem Hartz-IV-Regelsatz, der ohnehin viel zu niedrig ist.

Wohnkostenlücke schließen

Deshalb haben wir Anfang des Jahres einen Antrag zu ausreichenden Leistungen für die Wohnung bei Hartz IV und den anderen Grundsicherungen eingebracht: "Wohnkostenlücke schließen – ‚Kosten der Unterkunft‘ existenzsichernd gestalten" (PDF). Darin fordern wir die Bundesregierung auf, endlich dafür zu sorgen, dass auch Grundsicherungsbeziehende das Recht erhalten, sich eine ordentliche Wohnung zu leisten. Es muss damit Schluss sein, dass sich Menschen die Miete vom Munde absparen müssen. Der als angemessen anerkannte Wohnraum muss tatsächlich und ausreichend verfügbar sein. Zur Ermittlung der Angemessenheitswerte müssen die Mietentwicklungen berücksichtigt werden. Angemessene Unterkunfts- und Heizkosten müssen in tatsächlicher Höhe übernommen werden. Zwangsumzüge sollen vermieden werden. Sanktionen inklusive der Sanktionen bei den Kosten der Unterkunft und Heizung sind abzuschaffen. Die Sonderregelung für unter 25-Jährige, die sie regelmäßig zum Wohnen bei den Eltern verpflichtet, ist aufzuheben. Allen Erwachsenen ist die Gründung eines eigenen Haushalts zu ermöglichen. Kautionen für die Miete oder anfallende Genossenschaftsanteile sind vom Jobcenter zu übernehmen. Mietschulden sind ebenfalls vom Jobcenter zu übernehmen, wenn dadurch Wohnungslosigkeit vermieden werden kann oder eine Kündigung der Wohnung unwirksam wird. Sie können als Beilhilfe vom Jobcenter übernommen werden. Damit sich auch Hartz-IV-Beziehende rechtlich zur Wehr setzen können, sollen Mitgliedsbeiträge in Mietervereinigungen oder die Kosten für Beratung und Vertretung durch Mietervereinigungen durch das Jobcenter übernommen werden. Grundsätzlich wollen wir, dass der Mietenanstieg gestoppt wird und der Kündigungsschutz verbessert wird.

 

Geplant ist für das Jahresende auch ein Antrag zur guten Arbeit und sanktionsfreien, individuellen Mindestsicherung für Erwachsene: Wir wollen, dass Mindestsicherung oder Mindestrente mindestens die Höhe der Armutsrisikogrenze hat, keine/r also in Armut fällt. Das ist nicht nur die Forderung des Europäischen Parlaments, sondern auch des europäischen Anti-Armuts-Netzwerks. Sanktionen gehören abgeschafft, weil sie das Recht auf eine ausreichende Sicherung des Existenz- und Teilhabeminimums unterwandern.

Jedes Kind ist uns gleich viel wert

Wer Hartz IV abschaffen will, muss sich auch fragen, welche sozialen Leistungen es dann für Kinder und Jugendliche geben soll. DIE LINKE hat eine klare Antwort: Jedes Kind ist uns gleich viel wert. Deswegen gehört parallel zur Mindestsicherung eine eigenständige Kindergrundsicherung eingeführt, die alle Kinder und Jugendlichen sicher vor Armut schützt. DIE LINKE vertritt damit auch eine Forderung der Wohlfahrtsverbände und Kinderschutzorganisationen.

Einmischen werden wir uns in die Erstellung des 6. Armuts- und Reichtumsberichts der Bundesregierung. Die bisherigen Berichte kranken daran, dass sie zwar viele Fakten zur Armut und zum Reichtum in Deutschland zusammentragen. Sobald es aber um konkrete politische Maßnahmen zur Abschaffung von Armut geht, wird die Bundesregierung sehr einsilbig. Denn dabei geht es natürlich auch um eine Umverteilung von oben nach unten. Die bisherigen Bundesregierungen versagen dabei vollkommen. Deren Armuts- und Reichtumsberichte lobten die eigene Politik, ohne wirklich ernsthafte Ansätze der Beseitigung von Armut auf den Tisch zulegen.

Das alles sind die größeren Vorhaben für das Jahr 2019 – neben den vielen anderen im sozialpolitischen Bereich, wie zum Beispiel die bessere Ausgestaltung der Arbeitslosenversicherung und die sozialrechtliche Gleichstellung der Migrant/innen. Denn allen Menschen steht das Recht zu, frei von Existenzängsten und -nöten zu leben.