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Grundgesetz und Grundrechte krisenfest machen

Im Wortlaut von Jan Korte,

Die Corona-Pandemie hat die Bundesregierung und das Land unvorbereitet getroffen. Jahrzehnte des Kaputtsparens staatlicher Infrastruktur sowie die Privatisierung und Kommerzialisierung des Gesundheitssystems haben dazu geführt, dass Infektionsketten schnell nicht mehr nachvollziehbar waren. Nur durch Extraschichten in den Verwaltungen und einer Selbstaufopferung auf den schon seit Jahren unterbesetzten Krankenhausstationen konnte Schlimmeres verhindert werden – und durch massive Einschränkungen von Grundrechten.

Nach der Pandemie muss der Staat krisensicher gemacht werden. DIE LINKE hat bereits vorgeschlagen, woher die Mittel dafür kommen sollen: Von denen, die selbst in der Krise etliche Millionen mehr Vermögen angehäuft haben. Wir wollen nicht zurück zum Zustand vor der Pandemie, wir wollen ein besseres Land, das auf Krisen vorbereitet ist.

Aber auch die massenhafte Einschränkung von Grundrechten muss Konsequenzen für die zukünftige Gesetzgebung haben. Die COVID-19-Pandemie wird nicht die letzte sein, aber es muss die letzte sein, in der im Versuchsverfahren Grundrechte eingeschränkt werden. Dafür können wir jetzt vorsorgen. Wir wissen heute außerdem, dass zur Pandemiebekämpfung die Bewegungsfreiheit oder der Schutz privatester Gesundheitsdaten in einem Umfang eingeschränkt werden können, mit dem niemand gerechnet hat. Daraus muss die Konsequenz erwachsen, Grundrechte im Alltag noch mehr zu schützen. Jetzt muss damit begonnen werden, unsere Grundrechte und das Grundgesetz pandemiesicher zu machen:
 

  1. Jede einzelne in den letzten Monaten getroffene Maßnahme, die Grundrechte eingeschränkt hat, muss evaluiert werden

    Welche Teile der Bevölkerung waren in welcher Intensität betroffen? Welche positiven Auswirkungen auf die Eindämmung der Pandemie hatten diese Beschränkungen konkret? War die Maßnahme vor diesem Ergebnis verhältnismäßig? Die Bundesregierung muss jetzt die Mittel dafür bereitstellen, dies wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Auf dieser wissenschaftlichen Grundlage und den Erkenntnissen aus der Pandemie muss das Infektionsschutzgesetz neu aufgestellt werden. Es muss ein breiter gesellschaftlicher und politischer Konsens darüber gefunden werden, mit welchen Maßnahmen wir einer zukünftigen Pandemie begegnen wollen und welche Einschränkungen dafür hingenommen werden können.
     
  2. Grundrechte im Alltag ausbauen

    Wer damit rechnet, Grundrechte in einer Krise wieder für einen längeren Zeitraum einschränken zu müssen, muss sie im Alltag schützen und ausbauen: Die Menschenwürde in Krankenhäusern und Pflegeheimen sichern. Dem Datenhunger internationaler Konzerne Grenzen setzen. Eigentümer in die Pflicht nehmen, Mieter- und Verbraucherinnenrechte zu stärken. Die Polizei zu kennzeichnen und unabhängige Stellen schaffen, die illegitime staatliche Gewalt an Bürgerinnen und Bürgern aufklären. Oder endlich die UN-Kinderrechtskonvention umzusetzen und die hohe Zahl an in Armut aufwachsenden Kindern ursächlich zu reduzieren. Unsere Verfassung muss mit mehr Leben gefüllt werden, damit sie die nächsten Pandemien überlebt.
     
  3. Die Grenzen der Verfassung dürfen weiter nicht bis zur Kante ausgereizt werden

    Kein Sicherheitsgesetz, keine neue Befugnis für Geheimdienste, keine zentrale Datensammlung darf zukünftig in die Nähe der Grenzen des grundgesetzlich Erlaubten kommen. Es muss eine Gesamtrechnung erstellt werden: Jeder bestehende Grundrechtseingriff, ob durch Datensammlungen, Überwachungsgesetze oder Eingriffsrechte des Staates muss zukünftig zusammen mit den Grundrechtseingriffen in einer Pandemie bewertet und gegebenenfalls zurückgenommen werden. Es muss ein Puffer geschaffen werden, der eine temporäre Einschränkung von Grundrechten abfedern kann.