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Griechen wählen starke linke Opposition

Im Wortlaut von Michael Schlecht,

Kommentar

Von Michael Schlecht, Chefvolkswirt der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

 


Wahlsieger ist die konservative Partei Nea Dimokratia mit 30 Prozent der Stimmen. Rein rechnerisch hat sie mit der sozialdemokratischen Pasok, die auf 12 Prozent kam, eine Mehrheit im Parlament und kann die Regierung bilden. Beide Parteien stehen für die Fortsetzung der von den Euro-Ländern und vor allem der deutschen Regierung aufgezwungenen brutalen Kürzungsorgien, die immer mehr Menschen in das soziale Elend stürzen.

Die linke Partei Syriza wurde zur zweitstärksten Kraft mit 27 Prozent. Sie hat einen Zugewinn von rund zehn Prozentpunkten gegenüber der Wahl im Mai, bei der sie auch schon kräftig zulegte. Syriza will ein Ende der verhängnisvollen Sozial- und Lohnkürzungen. Deshalb der starke Stimmenzuwachs.

Weshalb hat es dann nicht gereicht? Weshalb wurde Syriza nicht stärkste Partei?

Im Vorfeld der Wahlen drohte Merkel und mit ihr die gesamte Kaste neoliberaler Politiker von SPD, Grünen und FDP ebenso wie auch viele Politiker aus europäischen Ländern dem griechischen Volk: Wenn ihr Syriza an die Regierung bringt und damit die Kürzungspolitik abwählt, werden die Kredite gestoppt, so dass euch der Staatsbankrott und der Rauswurf aus dem Euro droht. Diese massiven Erpressungsversuche, diese Einmischung in die Wahlen eines souveränen Staates sind ein einmaliger Vorgang. Mit Achtung der Demokratie hat dies nichts mehr zu tun. Es ist ein politischer Skandal, wie in die politische Wahlentscheidung des Landes eingegriffen wurde, das die Geburtsstätte der Demokratie ist.

Diese Erpressung dürfte seine Wirkung gezeigt haben und ein wichtiger Faktor für den Wahlsieg der Kürzungsparteien gewesen sein.

Syriza und ihr Vorsitzender Alexis Tsipras sind dem immer entgegengetreten. Wenn Griechenland in den Kollaps getrieben würde, wären die Gefahren für andere Länder, gerade auch für Deutschland massiv: Mit einem Finanzkollaps wären Spanien und Italien die nächsten Kandidaten, die sich nicht mehr finanzieren könnten. Mit dem Fall Griechenlands würde letztlich der Zerfall des Euro drohen. Ein Risiko, dass trotz aller Drohgebärden von niemand eingegangen worden wäre.

Mit einer Regierung unter Führung der konservativen Nea Dimokratia wird die bisherige Politik fortgesetzt, die längst gescheitert ist. Die Kürzungspolitik sollte dazu dienen, die Staatsverschuldung abzubauen. Sie stranguliert jedoch die wirtschaftliche Entwicklung. Die Steuereinnahmen brechen noch schärfer ein, als durch die Kürzungen "gespart" wurde. So geraten die Länder in einen immer tieferen Schuldenstrudel, den gerade die deutsche Regierung mit weiteren, die soziale Blutspur nur verbreiternden Kürzungen bekämpfen will.

Die griechische Wirtschaft ist seit 2010 mit minus zehn Prozent auf rasanter Talfahrt. Und eine Wende zum Besseren ist 2012 nicht erkennbar. Auch in den anderen Krisenländern zeigt sich, dass die "bittere Medizin" in Wirklichkeit Gift ist. Seitdem in Italien brutale Kürzungen eingeleitet wurden, bricht die Wirtschaft dramatisch ein. Und in Spanien ist die Lage noch brisanter. Nicht ein Ende der Kürzungspolitik gefährdet den Euro, sondern deren Fortsetzung.

Mit der Wahl in Griechenland bestand die Chance, die verhängnisvolle Politik der immer schärferen Sozialkürzungen zu stoppen. Merkel und alle, die dies nicht wollten, haben in undemokratischer und erpresserischer Weise das griechische Volk in Geiselhaft genommen.

Der Widerstand ist mit deutlichen Zugewinnen von Syriza gestärkt. Der Kampf gegen die von den Ländern der Eurozone aufgezwungene Politik der brutalen Kürzungsorgien und gegen die immer größere Verelendung vieler Menschen geht weiter.

linksfraktion.de, 18. Juni 2012