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»Giro-Konto für alle« rückt näher

Im Wortlaut von Caren Lay,

Von Caren Lay, verbraucherpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag
 

 

 

EU-weit haben etwa 30 Millionen Bürgerinnen und Bürger kein Konto, weil die Banken es ihnen verweigern. Allein in Deutschland betrifft das fast 700 000 Menschen. Wer ein Konto hat, denkt meistens gar nicht darüber nach, wie wichtig es ist. Man braucht es, damit Gehalt oder Sozialleistungen bargeldlos eingehen, Miete, Strom, Versicherungen oder beispielsweise Telefonrechnungen bezahlt werden können. All das stellt ohne Girokonto ein Riesenproblem dar. Online einkaufen oder Verträge abschließen ist unmöglich. Wer Arbeit oder eine Wohnung sucht oder mit Behörden zu tun hat, erlebt permanent Benachteiligungen. Hinzu kommen hohe Extrakosten: Jede Bareinzahlung kostet je nach Anbieter zwischen 5 und 15 Euro.

Das heißt, viele Erwerbslose zum Beispiel bekommen gar kein Konto und müssen dann auch noch für die Barüberweisungen extra zahlen. Vor allem überschuldete Verbraucherinnen und Verbraucher haben Probleme, ein Girokonto zu eröffnen. Wer ohnehin knapp bei Kasse ist, wird also zusätzlich belastet und damit doppelt ausgegrenzt. Ein Girokonto ist eine grundlegende Voraussetzung für die Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Wer kein Konto hat steht im Abseits. In zwölf anderen EU-Ländern ist deshalb das Recht auf ein Bankkonto längst politisch umgesetzt.

Seit acht Jahren setzt sich DIE LINKE im Bundestag für ein kostenloses Girokonto für alle ein. Zuletzt mit einer Bundestagsinitiative vom Dezember 2011 (Drs. 17/8141). Sowohl Schwarz-Rot als auch Schwarz-Gelb haben jedoch massiv gemauert und Vorstöße anderer Staaten auf europäischer Ebene behindert. Sie setzten auf eine Selbstverpflichtung der Banken aus dem Jahr 1995. Damit war für sie die Sache geregelt. Doch diese Selbstverpflichtung ist ein gutes Beispiel dafür, dass unverbindliche Vereinbarungen häufig nicht das Papier wert sind, auf dem sie geschrieben sind. Sie dienen lediglich dazu, verbindliche Regelungen und Gesetze zu verhindern.

Doch der Druck der LINKEN und von Sozialverbänden zeigt Wirkung. Endlich kommt Bewegung in die Sache: EU-Binnenmarkt Kommissar Barnier hat angekündigt, bis Juni 2013 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der den Zugang zu einem Basiskonto gewährleisten soll. Damit rückt ein Bankkonto als soziales Grundrecht näher. Der Skandal, dass Millionen Bürgerinnen und Bürger ohne Konto ausgegrenzt werden, könnte bald Geschichte sein.

Für die aktuelle schwarz-gelbe Bundesregierung und ihre Vorgängerinnen ist dieser europäische Gesetzgebungsprozess eine Ohrfeige, denn die Bundesrepublik erweist sich einmal mehr als Bremsklotz, was die Umsetzung sozialer Grundrechte angeht. Allerdings hatte auch die EU-Kommission keine besondere Eile hier aktiv zu werden – insbesondere wenn man dies mit ihren Aktivitäten zum neoliberalen Umbau der EU im Zuge der Eurozonenkrise vergleicht: Bereits im Mai 2012 hatte der Ausschuss für Wirtschaft und Währung des Europäischen Parlaments mit überwältigender Mehrheit einen legislativen Initiativbericht des Berichterstatters und LINKE-Abgeordnete Jürgen Klute angenommen, der den Zugang zu grundlegenden Bankdienstleistungen einfordert.

Angesichts der deutschen Bremsversuche im Interesse Banken gilt es nun, den Druck auch weiterhin aufrecht zu erhalten, damit ein Bankkonto als soziales Grundrecht tatsächlich kommt und im Interesse der Bürgerinnen und Bürger wasserfest und ausgrenzungsfrei ausgestaltet wird. DIE LINKE bleibt dran.

linksfraktion.de, 6. März 2013