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Für eine Freigabe der Impf-Patente: Eine Pandemie ist erst vorbei, wenn sie weltweit besiegt wurde

Im Wortlaut von Susanne Ferschl,

Impfungen sind der effektivste Schutz vor gesundheitlichen Schäden durch COVID-19. Sie sind die einzige Maßnahme, die tatsächlich Infektionen, insbesondere schwere Fälle verhindert. Die Impfquote in Deutschland ist allerdings zu niedrig. Bisher sind nur etwa 68 Prozent der Bevölkerung gegen COVID-19 geimpft. Die Auswirkungen sind drastisch: Millionen  Infizierte und mehr als 100.000 Tote. Die Politik diskutiert als Ultima Ratio nun sogar eine allgemeine Impfpflicht, um die Pandemie in den Griff zu kriegen.

Viele Länder haben kaum Zugang zu Impfstoffen

In anderen Teilen der Welt ist die Lage noch viel dramatischer: In Kolumbien sind nur 48 Prozent der Menschen geimpft, in Rumänien 38 Prozent, in Indien 33 Prozent, in Bangladesch 22 Prozent und in vielen afrikanischen Ländern liegt die Impfquote bei unter 10 Prozent. In diesen Staaten aber herrscht keine Impfmüdigkeit. Es fehlt vielmehr an ausreichenden Impfstoffen. Die weltweite Impfkampagne stockt und muss unbedingt beschleunigt werden - das ist ein Gebot der internationalen Solidarität.

Impf-Nationalismus: Deutschland ganz vorn mit dabei

Das ist auch in unserem eigenen Interesse. Denn die Pandemie ist erst beendet, wenn sie weltweit besiegt wurde. Gelingt uns das nicht, werden wir immer wieder mit neuen Mutationen wie Omikron zu kämpfen haben. Leider passiert genau das Gegenteil: Reiche Länder haben sich 7 Milliarden Impfdosen gesichert, während für die ärmeren Länder nur 300 Millionen Dosen zur Verfügung stehen. 73 Prozent aller weltweiten Impfdosen wurden in nur 10 Ländern verimpft. Es herrscht Impf-Nationalismus, und Deutschland ist hier an erster Stelle mit dabei. Während mittlerweile über 100 Mitgliedsstaaten der WTO, darunter die USA sowie die WHO, Ärzte ohne Grenzen, Amnesty International und die Weltgewerkschaft der Pflegekräfte eine Freigabe der Patente befürworten, schützte unsere Bundesregierung anstatt Menschenleben lieber die Profite der heimischen Pharmaunternehmen. Zusammen mit wenigen anderen Ländern wie Großbritannien und der Schweiz blockiert Deutschland in der WTO seit über einem Jahr einen entsprechenden Antrag von Südafrika und Indien.

Patente teilen, um schneller aus der Pandemie zu kommen

Gute Forschung soll sich für die Unternehmen lohnen – auch wirtschaftlich. Allein BioNTech hat im letzten Quartal einen Gewinn von über 3 Milliarden verzeichnet und konnte massiv auf öffentliche Förderung setzen. Da kann es diesen Unternehmen doch zugemutet werden, ihr Wissen nun mit anderen zu teilen, wenn wir dadurch alle schneller aus der Pandemie herauskommen. Da zählt auch nicht das Argument, dass eine Freigabe von Patenten Pharmaunternehmen davon abhalten würde, in Zukunft nicht mehr in solche Präparate zu investieren. Wir müssen endlich verstehen, dass wir uns in einer Notfallsituation befinden, in der jede Spritze zählt.

Entwickler machen Profit auf Kosten der Menschen

Patente bewirken, dass die Firmen, die das Medikament entwickelt haben, dieses eine Zeit lang allein vermarkten. Auf diese Weise werden weniger Herstellungskapazitäten genutzt als möglich wären. Die produzierte Menge des Medikaments ist folglich geringer als der Bedarf. Das geringere Angebot sorgt für höhere Marktpreise. Kurz: Die Entwickler machen Profit auf Kosten der Menschen und die dringend benötigten Medikamente sind entweder nicht verfügbar oder zu teuer. Wer trotz Pandemie und bereits realisierter Milliardengewinne für die Hersteller von Corona-Impfstoffen immer noch an diesem Prinzip festhalten will, betreibt Marktradikalismus pur.

Patente freigeben, Technologietransfer sicherstellen

Während wir hier in Deutschland eine Impfpflicht diskutieren, verweigern wir Menschen in anderen Ländern ein Recht auf Impfung – das ist ein Widerspruch in sich. Die Forderung der Fraktion die LINKE im Bundestag ist deshalb klar: Der Bund muss alle Möglichkeiten ausschöpfen, um die Hersteller der Impfstoffe zum Transfer ihres technologischen Knowhows zu veranlassen. Außerdem muss Deutschland den Antrag Südafrikas und Indiens bei der WTO auf Freigabe der Patente aktiv unterstützen! Schon im Januar haben wir einen entsprechenden Antrag im Bundestag eingebracht und erneuern angesichts der Dringlichkeit des weltweiten Impffortschritts unsere Forderung.

Wahlversprechen einlösen, Ampel-Regierung an ihren Taten messen

Noch während des Wahlkampfes im Sommer dieses Jahres haben sich auch einzelne Politikerinnen und Politiker von SPD und GRÜNEN eindeutig für eine Freigabe der Patente positioniert. Mit dem Außen-, Wirtschafts- und Gesundheitsministerium besetzen sie ja nun in der Bundesregierung die entsprechenden Ressorts, um die Forderung durchzusetzen bzw. ihren Worten Taten folgen zu lassen. DIE LINKE wird der neuen Bundesregierung genau auf die Finger schauen und entsprechend Druck machen, denn die Pandemie ist nur solidarisch und weltweit zu bekämpfen.