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»Finger weg von Manövern und weiteren Waffenlieferungen«

Im Wortlaut von Wolfgang Gehrcke,

Wolfgang Gehrcke, Leiter des Arbeitskreises Internationale Politik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, über die Drohungen der nordkoreanischen Regierung, ihre Motive und mögliche Auswege



Die nordkoreanische Regierung droht mit Krieg und Atomschlag, die Region ist in Aufruhr - spielt Kim Jong-un nur mit dem Feuer oder steckt Kalkül dahinter?

Wolfgang Gehrcke: Ich empfehle, alles bitter Ernst zu nehmen, was in dieser Region passiert. Die Vorstellung, dass ein Staatschef mit Atomwaffen droht und ein militärisches Szenario aufbaut, ist unakzeptabel, völkerrechtswidrig und Kriegsgefährlich. Die Geschichte zeigt, man kann sich auch in Kriege hinein drohen.

Was will Nordkorea erreichen?

Diese Frage kann niemand zur Zeit plausibel beantworten. Spekulationen, dass der ganze Konflikt eine innenpolitische Begründung hat, helfen nicht weiter. Weiterhelfen könnten plausible Vorschläge zur Deeskalation und Entspannung auf der koreanischen Halbinsel. Dabei muss beachtet werden, dass es nach dem furchtbaren Koreakrieg in den 50er Jahren noch immer keinen Friedensvertrag, sondern nur ein Waffenstillstandsabkommen gibt. Provokationen der anderen Seite, von Südkorea oder den USA, sind kontraproduktiv.

Lassen die Nordkoreaner denn mit sich reden?

Meine Erfahrungen – ich war mit Gregor Gysi Ende der 90er Jahre in beiden Koreas -: Man kann miteinander reden, auch wenn es sehr schwer ist. Die Grundlage für Gespräche ist nach unseren Erfahrungen immer auch die Anerkennung der Souveränität, die von den jeweiligen Staatsführungen sehr selbstbewusst vertreten wird.

China hat Nordkorea am Montag indirekt gewarnt, niemand dürfe eine Region oder sogar die ganze Welt für selbstsüchtige Zwecke ins Chaos stürzen. Was kann diese Aufforderung Chinas bewirken?

China hat einen großen Einfluss auch gegenüber Nordkorea. Aber eine Vorstellung, dass die nordkoreanische Politik in Peking gemacht würde, ist grundfalsch. Die Warnungen der chinesischen Politik, übrigens auch der russischen, gegenüber Nordkorea, sind vernünftig und finden hoffentlich Beachtung.

Was kann auf internationaler Ebene dafür getan werden, damit der Konflikt nicht weiter eskaliert?

In erster Linie: Finger weg von Manövern und weiteren Waffenlieferungen in die Region. Mahnungen an alle beteiligten Kräfte, ihre Sprache und auch ihr Denken zu mäßigen. Die Drohungen Nordkoreas dürfen nicht zum Vorwand genommen werden, dass sich nun auch Japan atomar bewaffnet und die südkoreanische Armee technisch weiter aufgerüstet wird. Gerade jetzt wäre eine Konferenz oder die Ankündigung einer Konferenz für zivile Kooperation in Südostasien sinnvoll. Allerdings ist die UNO, da sie Teil des Koreakrieges war, in diesem speziellen Fall als Träger einer solchen Konferenz nicht tauglich.

Welche Folgen hätte der Ernstfall für die Region und die internationale Politik?

Der Ernstfall ist der Krieg. Ein solcher Krieg, der auch mit Massenvernichtungswaffen inklusive atomarer Waffen, geführt werden könnte, birgt die Gefahr der vollständigen Vernichtung eines Teils der Welt mit anschließendem Zusammenbruch des anderen Teils der Welt. Die einzig sinnvolle Alternative ist atomare Abrüstung mit dem Ziel Null Atomwaffen und dazu müssen die großen Atommächte vorangehen.

linksfraktion.de, 11. April 2013