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"Es kommt raus, was der Angeklagte will"

Im Wortlaut von Wolfgang Neskovic,

BND-Affäre. Wolfgang Neskovic meint, das Parlament könne die Geheimdienste gar nicht kontrollieren.

Wie viele weiße Seiten oder geschwärzte Passagen wird der veröffentlichte BND-Bericht haben?

Lassen Sie sich überraschen.

Wird man wenigstens die Struktur der Tätigkeit des BND noch erkennen können?

Diejenigen, die dafür gestimmt haben, gehen offensichtlich davon aus.

Gibt es weiteren Klärungsbedarf?

Ich meine: Wir werden einen Untersuchungsausschuss brauchen. Es gibt aus meiner Sicht deutlichen Klärungsbedarf bei der Frage der politischen Verantwortlichkeit. Die Möglichkeiten des Parlamentarischen Kontrollgremiums (PKG) reichen generell nicht aus, um Aufklärung herbeizuführen. Auch der beauftragte Sachverständige, der den Bericht angefertigt hat, kann mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln keine fundierte Aufklärung herbeiführen.

Warum?

Der Sachverständige kann nur auf der Grundlage der Information Bewertungen vornehmen, die ihm der BND zur Verfügung stellt. Jede Untersuchung durch das Parlamentarische Kontrollgremium oder durch einen Sachverständigen leidet unter diesem strukturellen Mangel. Der führt dazu, dass die Aufklärungstiefe von vornherein unzureichend ist.

Das gilt auch jenseits des konkreten Falles.

Genau. Wir sind im Parlamentarischen Kontrollgremium generell aufgrund der uns zur Verfügung stehenden Mittel nicht in der Lage, vollständige Aufklärung herbeizuführen. Es wäre völlig verfehlt anzunehmen, dass der Schäfer- Bericht nun eins zu eins die Wahrheit ist. Der Bericht kann maximal eine Bestandsaufnahme dessen sein, was der BND dem Sachverständigen zur Verfügung gestellt hat. Wenn der BND auf der Anklagebank sitzt und der Angeklagte bestimmt über den Umfang der Beweisaufnahme, dann ist doch klar, was rauskommt. Dann kommt das raus, was der Angeklagte will. Es sei denn, er stellt sich sehr ungeschickt an.

Wie kann das Problem gelöst werden?

Der Begriff der Kontrolle der Geheimdienste durch das Parlament ist eine grobe Irreführung der Öffentlichkeit. Das PKG hat überhaupt keine effektiven Kontrollmöglichkeiten. Es ist lächerlich zu glauben, wir seien kontrollfähig. Wir brauchen eine neue Form der Kontrolle.

Sie selbst wollen durch eine Art Praktikum beim BND ihre Effektivität erhöhen. Wann geht es denn los?

Ende Juli werde ich eine komplette Woche mit der Option weiterer Verlängerung beim BND sein.

Was versprechen Sie sich davon?

Ich will lernen. Durch die Wahl ins PKG wird man ja nicht Geheimdienstfachmann. Es gibt auch kein Studienfach, das einen hinter die Kulissen blicken lässt, um die Arbeitsweise und Strukturen zu erkennen.

Gespräch: Peter Heimann

Der frühere Bundesrichhter Wolfgang Neskovic ist rechhtspolitischer Sprecher der Linksfraktion und Mitglied des PKG.

Sächsische Zeitung, 26. Mai 2006