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Es kommt auf Teamleistung an

Interview der Woche von Dagmar Enkelmann,

Dagmar Enkelmann, 1. Parlamentarische Geschäftsführerin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, wünscht sich, dass es der Fraktion 2011 besser gelingt, ein klares Profil zu zeigen

Sie haben in diesen Tagen sicher wieder alle Hände voll zu tun. Der Bundestag startet in seine erste Sitzungswoche im neuen Jahr. Viele Kernthemen der Fraktion stehen auf der Tagesordnung. Worum geht es Ihnen?

Dagmar Enkelmann: Nach den vielen innerparteilichen Debatten der letzten Wochen muss die Fraktion zeigen, wofür sie da ist, dass die Interessen der Bürgerinnen und Bürger nach einer gerechten und sozialen Politik bei ihr obenan stehen. Unter anderem die bevorstehenden Debatten im Januar zum Jahreswirtschaftsbericht, Mindestlohn ab Mai 2011 und zur Afghanistan-Strategie bieten dazu eine gute Gelegenheit.
In der ersten Woche wird übrigens über einen Antrag zur Fortsetzung der Braunkohlesanierung in den  neuen Ländern entschieden, an dem ich maßgeblich mitgewirkt habe. Auch hier geht es um ganz konkrete Forderungen: Die Sanierung muss öffentliche Aufgabe bleiben und darf nicht privatisiert werden. Sie muss im Interesse der ehemaligen Kohleregionen weiter ausreichend finanziert werden.

Was hat DIE LINKE in diesem Jahr schwerpunktmäßig im Parlament vor?

Unsere langjährige Forderung nach einem flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn findet jetzt, da ab 1. Mai auch in der Bundesrepublik volle Arbeitnehmerfreizügigkeit in der EU gilt, mehr und mehr Zustimmung. Diese Chance wird die Fraktion nicht verstreichen lassen. Auch zwei weitere soziale Vorhaben bleiben im Zentrum der Fraktionsarbeit - die Schaffung einer armutsfesten Rente und eine solidarischen Krankenversicherung. Schon in der nächsten Sitzungswoche geht es um die Mandatsverlängerung für Afghanistan. Jetzt, wo die Bundesregierung den schon angekündigten Rückzug infrage stellt und sogar neue, schwere Gefechte prophezeit, wird DIE LINKE dieses Thema konsequent weiter verfolgen. Dazu gehört auch die Afghanistan-Konferenz der Fraktion Ende Januar in Berlin.

Wie hoch rechnen Sie sich denn die Erfolgschancen Ihrer Arbeit aus? Ihr Recht auf Mitarbeit in der Hartz IV-Arbeitsgruppe des Vermittlungsausschusses musste sich die Fraktion ja erst mühsam erstreiten.

Das Wichtigste ist hier, dass wir an Informationen kommen, die wir sonst nicht hätten. Die Hartz IV-Parteien können - nicht wie bisher - alles unter sich auskungeln. Und wir können im Interesse der Betroffenen unsere Forderungen einbringen, die Finger in die Wunde legen, die Tricksereien der Regierung und das widersprüchliche Verhalten von SPD und Grünen offenlegen. Allein das ist schon ein Erfolg. Inwieweit sich das am Ende in konkreten Verbesserungen niederschlagen wird, lässt sich jetzt noch nicht sagen. DIE LINKE nimmt jedenfalls - im Gegensatz zu den anderen Parteien - das Urteil des Verfassungsgerichts ernst. Für uns kann der Regelsatz nur dann verfassungskonform sein, wenn nicht nur die physische Existenz gesichert ist, sondern auch ein Mindestmaß an Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. Dazu muss auch die Zusammensetzung der Regelsätze überprüft werden.

Entweder ein Gericht anzurufen oder auf das Wohlwollen der anderen Fraktionen angewiesen zu sein, sind doch keine Alternativen. Hätten von verbrieften Rechten der Opposition nicht alle etwas? Welche Möglichkeiten sehen Sie, hier klare Regeln für die parlamentarische Arbeit zu schaffen?

Dazu werden wir in der nächsten Zeit einen entsprechenden Antrag vorlegen. Es kann nicht sein, dass die viertstärkste Fraktion des Bundestages im Vermittlungsausschuss nur die zwischen A- und B-Ländern und deren Parlamentsvertretern ausgehandelten Kompromisse annehmen oder ablehnen soll. Mehr Rechte bedeutet hier aber auch mehr Pflichten. Die Fraktion wie auch DIE LINKE insgesamt muss die Koordination ihrer Arbeit zwischen Bund und Ländern verbessern und ihr größere Aufmerksamkeit widmen.

Die Zusammenarbeit mit den anderen Fraktionen scheint nicht leicht zu sein. Selbst wenn es inhaltliche Übereinstimmungen gibt, legen SPD und Grüne oft eigene Anträge vor. Ist das sinnvoll?

Sinn macht das nicht, weil es die Stärke der Opposition und damit die Durchsetzungskraft ihrer Vorschläge mindert. Freuen kann sich darüber wirklich nur die Regierung. Es zeigt auch, wie ernst es SPD und Grüne mit politischer Veränderung meinen.

Was wünschen Sie sich denn für dieses Jahr im Parlament am meisten?

Dass es unserer Fraktion besser gelingt, mit ihrer parlamentarischen Arbeit ein klares Profil zu zeigen, das DIE LINKE auch für Wählerinnen und Wähler attraktiver macht. Bei der Arbeit hier im Bundestag kommt es auch weniger auf Einzelkämpfer oder Strömungen an, sondern auf die Teamleistung. Nur gemeinsam, wenn wir die Kräfte bündeln, entstehen Chancen auf Veränderung.

linksfraktion.de, 18. Januar 2011