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»Es geht um bestmögliche Bedingungen für unsere Kinder«

Im Wortlaut von Norbert Müller,

Allein in Mainz demonstrieren am 20. April 6.500 Erzieherinnen und Erzieher. Die Aufwertung von Sozial- und Erziheungsberufen ist eine zentrale Forderung in der aktuellen Tarifrunde. Foto: Franz Ferdinand Photography


 

Von Norbert Müller, Sprecher der Fraktion für Kinder- und Jugendpolitik

 

Die Beschäftigten in den Sozial- und Erziehungsdiensten haben aus sehr berechtigten Gründen beschlossen, in den Streik zu treten. Viele arbeiten in Teilzeit, mit befristeten Arbeitserträgen und einem Lohn, der ohne Zweitjob nicht für ein gutes Leben reicht. Die höhere Eingruppierung und damit die Anpassung der Löhne an die massiv gestiegenen Anforderungen an die Erzieherinnen und Erzieher ist überfällig. Der Streik wurde notwendig, da die kommunalen Arbeitgeber die Forderung der Erzieherinnen und Erzieher nicht ernst nehmen. Wenn wir wollen, dass unsere Kinder gut aufgehoben sind, brauchen die Kitabeschäftigten gute Arbeitsbedingungen und ein Gehalt, von dem sie leben können. Genau darum geht es in diesem Streik und deshalb hoffe ich, dass die vom Streik betroffenen Eltern Verständnis für die Erzieherinnen und Erzieher aufbringen und mit ihnen solidarisch sind – ich bin es als Vater zweier Kinder auch.

Ja, der Streik produziert komplizierte Umstände für arbeitende Eltern. Betreuung muss im Freundes- oder Familienkreis aufgeteilt, Urlaub genommen oder sich krank gemeldet werden. Dies funktioniert oft nur kurzfristig. Die kommunalen Arbeitgeber spekulieren auf die Verzweiflung der Eltern. Sie hoffen, dass die Sympathie für den Streik der Erzieherinnen und Erzieher nachlässt und irgendwann in Wut gegen die Gewerkschaften umschlägt. Die Arbeitgeber werden betonen, dass sie Angebote unterbreitet haben, welche von den gierigen Gewerkschaften einfach abgelehnt wurden. Sie werden versuchen, die Eltern zu motivieren, sich direkt an die Beschäftigten in den Kitas zu wenden, um den Streik zu beenden. Sie werden alles daran setzen, dass die berechtigten Forderungen des Streiks im Getöse der Medien untergehen.

Es darf nicht vergessen werden: Es geht um die bestmöglichen Bedingungen, unter denen Millionen von Kindern ihre frühe Kindheit verbringen. Hierzu gehören anständig bezahlte Arbeitsplätze für engagiertes Personal. Dieses Ziel eint Eltern und Erzieherinnen und Erzieher. Deshalb muss der Streik mit einem Erfolg enden und deshalb ist es wichtig, gemeinsam den Druck auf die Kommunen zu erhöhen.

Eltern haben einen Rechtsanspruch auf einen Kitaplatz. Dieser Rechtsanspruch wurde mit dem Abschluss eines Kitavertrages besiegelt und mit konkreten Vereinbarungen ausgestattet. Aus diesem Grund sollten Eltern prüfen, ob sie vom Träger der bestreikten Kita die Kitagebühren zurückzufordern oder aber Schadensersatz geltend machen zu können. Beides erhöht den Druck auf den Arbeitgeber.

Natürlich haben wir Verständnis für die mitunter schwierige finanzielle Situation der Kommunen. Deswegen kämpft DIE LINKE für ein gerechtes Steuersystem, starke Kommunen und den Einstieg des Bundes in die Finanzierung der Kitas. Aber darauf können die Beschäftigten nicht warten.

Der berechtigte Ärger über die Auswirkungen des Streiks auf den Familienalltag und das Berufsleben gehört kundgetan. Aber bitte in Richtung der Bundesregierung, der Kommunen und der Träger. Denn es ist deren Aufgabe, für gute Arbeitsbedingungen und gute Entlohnung zu Sorgen. Mit dem Streik werden sie lediglich daran erinnert.

linksfraktion.de, 8. Mai 2015