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Erinnern - Gedenken - Verantwortung

Periodika,

Nie wieder Krieg, nie wieder Faschismus – das war das Motto zweier Veranstaltungen der Fraktion DIE LINKE.

7. Mai 2015, Deutscher Bundestag

Vorabend des 70. Jahrestags der Befreiung Deutschlands vom Faschismus. Das Atrium im Paul-Löbe-Haus ist bis auf den letzten Platz gefüllt. Mehr als 700 Gäste sind für das Glasfoyer nicht zugelassen. Zum Erinnern gehören Erzählungen: Drei Zeitzeugen – einst vertrieben oder geflohen aus Nazideutschland – kehrten im Jahr 1945 in Uniform zurück, in britischer, tschechischer und russischer. Sie erzählen, was Kriege Menschen bis heute antun: Verlust von Familie und Heimat, Tod, Vernichtung, Trauer. Der Beifall für die drei heute weit über 80- beziehungsweise 90-Jährigen will kaum enden.

Dann reden Oskar Lafontaine, Wladimir Grinin, der russische Botschafter, Nikolai Arefiew von der Staatsduma in Moskau und Manolis Glezos aus Griechenland. Der Mann, der im Jahr 1941 die verhasste Hakenkreuzfahne von der Akropolis holte und noch heute mit 92 Jahren die linke Partei Syriza im Europaparlament vertritt. Diese 70 Jahre nach der Befreiung seien ein guter Anlass zum Lachen und Tanzen, sagt er und setzt ein „Aber“ nach. „Nachdenken“ sollen wir. Noch gebe es „kein Europa der Völker, keins des Friedens“.

Und wieder Zeitzeugen. Inge Heym, Frau des verstorbenen Schriftstellers Stefan Heym, Luc Jochimsen, einstige linke Bundestagsabgeordnete, Schauspieler Rolf Becker. „Wir waren Kinder“, Kriegskinder! Was der Krieg in ihnen angerichtet hat, konnten sie erst viel später aussprechen und aufschreiben. Am Ende eines langen emotionalen Abends erinnert Gregor Gysi daran, dass der 8. Mai als Tag der Befreiung von vielen – wenigstens nach der Rede des inzwischen verstorbenen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker – angenommen wurde.

DIE LINKE hatte mehrfach den Antrag gestellt, den 8. Mai zum gesetzlichen Gedenktag zu erheben. Gesine Lötzsch warb für DIE LINKE am Tag nach der Festveranstaltung erneut im Parlament dafür. Doch auch an diesem 8. Mai 2015 wurde der Antrag von CDU/CSU und SPD abgelehnt. Die Grünen enthielten sich.

10. Mai 2015, Bebelplatz in Berlin

Das Lesen gegen das Vergessen erinnert an die schreckliche Nacht der Bücherverbrennung am 10. Mai 1933. Damals brannten tausendfach Bücher und Schriften deutscher Dichter und Denker. Ins Feuer geworfen unter dem Gejohle junger Burschenschaften. Stattgefunden vor nunmehr 82 Jahren.

Und doch kamen auch an diesem 10. Mai 2015 wieder Hunderte Menschen auf den Berliner Bebelplatz zur Veranstaltung der Fraktion DIE LINKE. Als prominente Vorleser waren diesmal die Schauspieler Otto Mellies, Peter Bause, Jens-Uwe Bogadtke und Ernst-Georg Schwill dabei. Dann der Musiker Tino Eisbrenner, Autor und Liedersänger Reinhold Andert, Gregor Gysi, Andreas Nachama, Direktor der Stiftung Topographie des Terrors, und Beate Klarsfeld, deutsch-französische Journalistin. Es wurde viel gelacht und es gab viel Beifall: für den spöttischen Heine, den frivolen Brecht, den satirischen Gorki und den nachdenklichen Thomas Mann.

Besonders gefeiert wurde Jessy James LaFleur, eine junge Poetry Slamerin. Sie sagte eine „Revolution, die nicht im Fernsehen“ stattfindet, voraus. Aber vielleicht kommt sie „morgen“ schon, stünde bereits jetzt „vor der Tür“. Wortakrobatisch dann auch die Big Soul Band der Gustav-Heinemann-Schule in Berlin-Marienfelde. Sie spielten Musik und überraschten mit Wortwitz. Das Wort habe „Macht“, steige „wie Phönix aus der Asche“ auf, sei „Gedankenträger“. Und „Gedanken sind frei“, so ihr Rap-Sprechgesang. Ein guter Abschluss und eine wunderschöne Einladung zur Lesung gegen das Vergessen im nächsten Jahr.