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Energiefragen in Kriegszeiten

Nachricht von Ralph Lenkert,

Es mutet fast pietätlos an, sich in Zeiten, in denen Menschen in den Krieg geschickt werden und zu tausenden sterben, um die eigenen Belange des Komforts Gedanken zu machen. Die Abhängigkeit von russischem Erdgas ist ein Klotz am Bein in einer internationalen Sicherheitspolitik. Das Dilemma ist ausweglos: da man es wider besseren Wissens über Jahrzehnte nicht geschafft hat, sich von fossilen Energieimporten unabhängig zu machen, muss man am Ende entweder sehr viel einsparen, oder sich mit dem zufrieden geben, was man bekommt.

Der Handel mit fossilen Rohstoffen hat seit jeher einseitige Abhängigkeit bedeutet. Deswegen war und ist die Energiewende die Chance, etwas für den Weltfrieden zu tun. DIE LINKE fordert seit Jahren, dass sich Deutschland insbesondere von fossilen Energieimporten unabhängig machen muss, weil dies nun einmal eine sicherheitspolitische Frage ist. Kein Blut für Öl – mit diesem Slogan richtet sich die internationale Friedensbewegung, zu der wir uns zählen, seit jeher gegen Ressourcenkriege und gegen die wirtschaftlichen Abhängigkeiten, in die man sich begibt, unabhängig davon, welche Werte- und Moralvorstellung am anderen Ende des Tisches sitzt. Die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen ist deshalb noch nie nur klimapolitische Frage gewesen. Angesichts des Ukraine-Krieges ist die Frage nun einfach sehr viel dringlicher geworden, geändert hat sie sich aber nicht.

Haben wir das Potential, die Fragen der Sicherheitsinteressen, die Probleme um den Kampf gegen Klimawandel und soziale Energieprobleme gleichzeitig zu lösen? Die Antwort ist ja: eine sozial-ökologische Energiewende, so schnell wie möglich. Ökologisch ist sie, wenn der Ressourcenverbrauch auf ein Maß gedämmt ist, das auch künftigen Generationen eine lebenswerte Existenz sichert. Sozial ist sie, wenn durch die Veränderungen niemand (mehr) in Armut leben muss. Angesichts der explodierenden Energiepreise fordern etliche Parteien unisono Sofortmaßnahmen. Der LINKEN ist es dabei wichtig, diejenigen, die uns mit Spekulationen auf Energieprodukte immer wieder in solche Miseren bringen, nicht noch zusätzlich zu stützen. Rendite machen auf der Welle der Kriegswirrungen und angeblicher Rohstoffknappheit, jegliche Teuerung von Öl sofort an die Tankstelle zu bringen, obwohl Raffinerien wegen Langfristverträgen gar nicht teurer einkaufen müssen  - dies sind Folgen eines bis zur Unerträglichkeit durchliberalisierten Marktes.

Und diese unsägliche Gier, diese Spekulation darf von Seiten des Staates weder belohnt noch subventioniert werden. Jetzt rächt es sich, dass hierzulande das Credo des Neoliberalismus jegliche staatliche Einflussmöglichkeit auf den Markt fast unmöglich gemacht hat. Durch die umfassende Privatisierung der meisten Bereiche der Daseinsvorsorge kann der Staat selbst nicht als Marktakteur auftreten. In Frankreich wurde per Regierungserlass beschlossen, den Strompreisanstieg auf 4 Cent pro Kilowattstunde zu begrenzen, möglich, weil der französische Staat die Mehrheit am Energieriesen EDF hat. Zwar gibt es in Deutschland viele kommunale Energieanbieter, aber die müssen am Markt kaufen, wurden in die Marktlogik gezwungen, haben keine Möglichkeit, gegen Spekulationen um Energie einzugreifen. Eine staatliche Energiepreisaufsicht muss her. Regulieren statt Spekulieren fordert DIE LINKE.

Kurzfristig müssen wir aber absichern, dass alle ihre Wohnung heizen können, ihre Mobilität gesichert ist und bezahlbar zur Arbeit kommen können. Die DIE LINKE hat dazu weitere verschiedene Vorschläge gemacht, angefangen von Einmalzahlungen an alle Haushalte, Mobilitätsgeld bis hin zur vorübergehenden Absenkung der Mehrwertsteuer.

Eine der unmittelbaren Lehren aus der gegenwärtigen Situation ist, dass der Bund selbst als Akteur in der Energiewirtschaft mit einem eigenen staatlichen Unternehmen in die Lage versetzt werden muss, beispielsweise strategische Reserven bei bestimmten Energien anzulegen und vor allen Dingen auf die Preispolitik Einfluss zu nehmen.

Was uns jetzt weiterhilft und was nicht

Atomkraft hilft uns nicht weiter. Atomkraft ist kein Beitrag zur Lösung der Energieprobleme. Uran macht Deutschland wieder abhängig von Russland. Die Langzeitfolgen des Uranbergbaus, die ungelöste Endlagerfrage, die immensen Kosten, welche die Atomneubauten mit sich bringen und das permanente Risiko eines GAU, der große Teile des Landes unbewohnbar machen könnte – all das sind ungelöste Probleme. Im Übrigen kann man mit Atomkraft kein Gas ersetzen, denn Gas wird überwiegend zum Heizen benötigt, wofür ein Atomkraftwerk nicht ausgelegt ist. Und es gilt: ohne Atomkraftwerke gibt es keine Atombomben.

Neue Lieferverträge für Erdgas mit autokratischen Regimen, die Menschenrechte missachten, werden uns von einer unangenehmen Abhängigkeit in die nächste bringen. Wir müssen die Erneuerbaren Energien ausbauen, so schnell wie möglich und dabei von fossilen Energien unabhängig werden. Wenn jetzt neue LNG-Terminals gebaut werden, muss klar sein, dass hierüber zukünftig auch Ammoniak (Wasserstoff) geliefert werden kann. Vor allem aber heißt es, Ressourcen und Energie zu sparen, wo es nur geht. Das bedeutet nicht, Deutschland zu deindustrialisieren.

Es heißt aber, mehr Achtsamkeit auf Langlebigkeit von Produkten zu legen, Stromverschwendung zu beenden, weniger Müll zu produzieren, sich einfach auf das zu konzentrieren, was wir für ein sozialverträgliches und ökologisches Leben brauchen. Niemand soll für irgendwelche Freiheitsfloskeln frieren müssen, ebenso wenig sind die erneuerbaren Energien die Energien der Freiheit. Erst jetzt wurde voll erkannt, dass gute Klimapolitik auch mehr Sicherheit bringt. Aber auch ohne soziale Gerechtigkeit wird Klimapolitik scheitern, das sagt DIE LINKE seit Jahren. Hoffentlich kommt  diese nächste Erkenntnis schnell genug.