Zum Hauptinhalt springen
Ältere Frau hält Münzen in der Hand © iStockphoto.com/Rendery

Eine Rentenkasse von allen für alle

Im Wortlaut von Dietmar Bartsch, Lausitzer Rundschau,

Eine Reform der Rente fordert Dietmar Bartsch, Fraktionsvorsitzender der Linken im Bundestag. Wie die aussehen soll, verrät Bartsch in einem Gastkommentar in der Lausitzer Rundschau.

2,4 Millionen Rentner haben monatlich weniger als 1000 Euro aus der gesetzlichen Rente, obwohl sie mindestens 40 Jahre eingezahlt haben. Das ist bundesweit jeder Dritte, in Brandenburg und Sachsen liegt die Quote noch höher. Bei drei Vierteln aller Senioren liegt die gesetzliche Rente laut einer Antwort der Bundesregierung auf eine meiner Anfragen unterhalb von 1250 Euro netto.

Diese Zahlen zeigen, dass die Rente den Lebensstandard von Millionen Menschen keinesfalls mehr sichert und Altersarmut zu einem der größten sozialen Probleme zu werden droht.

Grundrente behebt die Missstände nicht

Die Bundesregierung feiert sich für die Einführung der Grundrente. An den eben beschriebenen Missständen ändert sie kaum etwas. Der ursprüngliche Ansatz von Arbeitsminister Hubertus Heil war gut und richtig, jetzt ist sie in den Niederungen der Großen Koalition leider zu einem Bürokratiemonster geworden.

Zum Vergleich: In den Niederlanden gibt es eine Grundrente, die ihren Namen verdient. Dort hat niemand weniger als 1255 Euro Rente, in Deutschland liegt die gesetzliche Rente bei zehn Millionen Menschen darunter.

Schauen wir weiter nach Europa! Laut OECD liegt das Rentenniveau in Österreich und Italien bei über 80 Prozent. Hierzulande wurde es politisch bewusst auf unter 50 Prozent abgesenkt und es soll weiter fallen. In der gesamten EU ist das Niveau zehn Prozent höher als in Deutschland. Es geht also anders.

Niedriglohnsektor muss weg

Wir brauchen eine große Rentenreform und ein Ende des Niedriglohnsektors. Wenn aktuell jeder dritte Ostdeutsche für einen Lohn arbeiten muss, der im Alter Hartz IV bedeutet, selbst wenn ein Leben lang eingezahlt wurde, dann ist das beschämend.

Es zeigt aber auch, wir haben nicht nur ein Renten-, sondern zuerst ein Lohnproblem. Beides hängt miteinander zusammen, bei beiden Themen besteht dringender politischer Handlungsbedarf.

Mindestlohn von 12 Euro

Wir brauchen einen Mindestlohn von zwölf Euro in der Stunde. Das ist nicht nur geboten, um Ausbeutung zu unterbinden, sondern auch gesellschaftlich notwendig. Jedes Jahr gibt der Staat zehn Milliarden Euro für sogenannte Aufstocker aus, weil es keinen Mindestlohn gibt, von dem die Menschen leben können, ohne den Gang zum Sozialamt antreten zu müssen.

Diese Arbeitnehmer beziehen dann später oft Grundsicherung im Alter, wofür jährlich weitere sieben Milliarden Euro an Steuergeld ausgegeben werden. Geringe Löhne, kleine Renten, hohe Staatsausgaben, die anderswo fehlen – ein Teufelskreis, der durchbrochen werden muss.

Knackpunkt Finanzierung der Rente

Dreh- und Angelpunkt einer großen Rentenreform ist die Finanzierung und die Frage, wer in die Rentenkasse einzahlt. Warum zahle ich z.B. nicht ein? Warum zahlt Frau Merkel nicht ein? Warum zahlen Beamte, Freiberufler und Selbstständige nicht ein? Warum zahlen Top-Verdiener nur auf einen Teil ihres Gehalts Beiträge?

Die Rente ist weniger eine Generationenfrage, sondern es geht vielmehr darum, wer einzahlen muss und wer sich aus der Solidarität verabschieden kann. Es braucht einen Systemwechsel. Wir wollen, dass nicht nur Arbeitnehmer in die gesetzliche Rente einzahlen, sondern alle Menschen mit Erwerbseinkommen. Dabei sollten Bundestagsabgeordnete vorangehen.

Abgeordnete sollen in die Rente einzahlen

Es ist nicht akzeptabel, dass wir durch ein Extra-System üppig versorgt sind. Ohne eigene Beiträge erwerben Bundestagsabgeordnete bereits nach vier Jahren im Parlament einen höheren Anspruch als viele Rentner nach einem gesamten Erwerbsleben an gesetzlicher Rente erhalten. Mitglieder der Bundesregierung haben nach vier Jahren im Amt einen Anspruch auf eine Altersversorgung von etwa 4500 Euro.

Die Rentenbeitragspflicht für Abgeordnete wäre zwar zunächst symbolisch, aber letztlich ein Schlüssel für einen Systemwechsel. Danach müssen alle anderen einbezogen werden. Dies wäre ein notwendiges Signal gegen den zunehmenden Vertrauensverlust der Bürger gegenüber der gesetzlichen Rente und gegenüber unserem politischen System insgesamt.

Lausitzer Rundschau,