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Eine Friedens- und Sicherheitskonferenz für den Nahen und Mittleren Osten jetzt

Nachricht von Monika Knoche,

Nicht wer am stärksten die Kriegsgefahr im Iran heraufbeschwört, macht die beste Friedenspolitik. Monika Knoche, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. und Mitglied im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages über eine mögliche Strategie der Deeskalation im Konflikt um das iranische Atomprogramm:

Kann man angesichts der hoch emotionalen Reaktionen einer sich gedemütigt fühlenden islamischen Welt und der innenpolitisch unangefochtenen iranischen Atompolitik realistische Friedenshoffnungen hegen? Gibt nicht die diplomatische und kulturelle Kluft, die sich derzeit auftut, Anlass zu verstärkter Kriegsangst und schließlich: Ist es nicht der Iran selber, der täglich mehr den Eindruck vermittelt, er wolle den Atomkonflikt auf die Spitzte treiben? Es gilt jetzt Vernunft und Ruhe zu bewahren, gerade weil auch die USA und England ihr Drohpotential aufblähen und sogar den Einsatz von Mini-Nukes in den Bereich realistischer Optionen rücken. Der Ausstieg aus der Eskalation, die Abwendung eines Irankrieges muss Ziel aller Politik sein. Doch was ist zu tun? Es geht um einen Konflikt, der das wieder in den Bereich des Möglichen rückt, was viele glaubten seit dem Ende des Kalten Krieges überwunden zu haben: die atomare Kriegsführung.

Durch den Missbrauch des Friedensbegriffs während der rot-grünen Regierungszeit ist die ökologische Dimension heutiger Friedenspolitik vielfach vergessen worden. Eine neue Friedensdividende durch Emanzipation aus der Abhängigkeit von fossilen Energieträgern bleibt aber unverzichtbar. Niemand kann mehr in Abrede stellen, dass der Wunsch auf Atomwaffenbesitz bei erdölproduzierenden Ländern gewachsen ist, seit der so genannte Krieg gegen Terror ein Krieg um Öl wurde.

Gerade diese Erkenntnis zwingt dazu, vor die Lösung des Ressourcenkonfliktes die Erhaltung des Friedens als hohes ziviles Gut und Voraussetzung für die Entwicklung einer ökologisch-zivilen Politik zu stellen. Das heißt, mit der friedlichen Handhabung des Nah- und Mittelost-Konfliktes einen Weg aus der Eskalation zu beschreiten.

Wie kann das geschehen? Wer die Entwicklung der letzten Tage beobachtet hat, kommt nicht umhin festzustellen, dass die Entscheidung des IAEO-Gouverneurrates, den UN-Sicherheitsrat zu informieren, nicht beruhigen kann. Dennoch handelt es sich um einen steuerbaren Prozess, der nicht zwangsläufig auf die Anwendung des Kap. VII der UN-Charta hinausläuft. Entgegen der vielfach behaupteten Rechtsnormverletzung des Iran hat dieser bislang nicht gegen den Atomwaffensperrvertrag verstoßen, sondern sich „nur“ der darüber hinausgehenden freiwilligen Kontrollen entledigt. Andererseits liegt zwar die Wiederaufnahme der nuklearen Anreicherung im Bereich legitimer Interessen friedlicher Atomnutzung. Doch die Drohung des iranischen Präsidenten gegen den Staat Israel - eine aufs Schärfste zu verurteilende Entgleisung - lässt die Zweifel wachsen, dass es dem Iran bei seinem Streben nach nuklearer Anreicherung nur um friedliche Atomprogramme geht. In diesem Zusammenhang sollte die Tatsache nicht vergessen werden, dass der Iran umgeben ist von Staaten, die über Atomwaffen verfügen.

Das zeigt: eine Konfliktauflösung muss zwingend alle Staaten der Region einbeziehen.

Gleiche Sicherheitsgarantien für alle betroffenen Staaten und eine Gewaltverzichtserklärung aller Atomstaaten müssen gegeben werden, genauso wie die Unverletzlichkeit des Staates Israel zu garantieren ist. Die Zusicherung für einen lebensfähigen Staat Palästina ebenso.

Wer kann Trägerin eines solchen Prozesses sein? Nachdem bis zum 6. März 2006 Verhandlungen mit dem Irak geführt werden und die Prognosen zu den Chancen über einen russisch-iranisches Einvernehmen in der Anreicherungsfrage zumindest nicht negativ sind, kann die Einrichtung einer Nah-Mittel-Ost-Sicherheitskonferenz eine realistische Plattform werden.

Neben Iran, Israel und Palästina mit seiner gewählten Regierung sollten die fünf Atommächte sowie Südafrika und Brasilien Staaten sein, die diesen Konflikt einzuhegen in der Lage sind. Beide letztgenannten haben in der Vergangenheit gezeigt, dass es möglich ist, einen einstmals beschrittenen Weg zur Atommacht wieder zu verlassen.

Da in der Resolution der im Auftrag der EU mit dem Iran verhandelnden Außenminister Frankreichs, Großbritanniens und Deutschlands darauf abgehoben wird, dass bezugnehmend auf die Pariser Erklärung der EU die Schaffung einer massenvernichtungswaffenfreien Zone erreicht werden soll, kann eine internationale Sicherheitskonferenz für den Nahen Osten nach dem Muster der KSZE/OSZE konzipiert werden. Die UN hätte die Autorität, einen solchen Prozess einzuleiten. Eine wahr genommene multilaterale Verantwortung sollte ihrerseits soviel Autorität ausstrahlen, dass die Gefahr eines unilateralen Weges der USA assistiert von England gebannt wird.

Besinnung und Rationalität sind derzeit die notwendigen friedenspolitischen Impulse. Gepaart mit einem Konzept für regionale Sicherheit haben sie Gestaltungseinfluss. Die Bundesregierung sollte ihre Bemühungen auf eine solche deeskalierende Politik konzentrieren und auf eine Nah-Mittel-Ost-Friedenskonferenz orientieren.