Zum Hauptinhalt springen

»Ein Sicherheitsrisiko für unser Land«

Nachricht von Gregor Gysi, Jan Korte,

Kanzlerin Merkel und Verfassungsschutzchef Maaßen Hand in Hand, Foto: ddp images/Ulrik Eichentopf

 

Das Bundesinnenministerium war über die Anzeigen des Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, die zu Ermittlungen gegen Netzpolitik.org wegen Landesverrats führten, nicht nur von Anfang an informiert. Es hat daran aktiv mitgewirkt. Das musste das Bundesinnenministerium jetzt Fraktionsvize Jan Korte auf dessen Anfrage hin einräumen.

In der Antwort von Innenstaatssekretärin Emily Haber heißt es: “Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) hat beim Landeskriminalamt Berlin zwei Strafanzeigen gegen Unbekannt unter allen rechtlichen Gesichtspunkten gestellt. In den Strafanzeigen wurden keine konkreten Straftatbestände genannt. Der Präsident des BfV, Dr. Maaßen hat die Strafanzeigen in Abstimmung mit dem Bundesministerium des Innern gestellt.” Und weiter: “Die Mitglieder der Bundesregierung waren im Vorfeld von der Anzeige des BfV nicht informiert.“

“Es ergibt sich immer mehr der Verdacht, dass hier ein Verfahren wegen Landesverrats gegen die Presse durchgedrückt wurde, um ein Exempel zu statuieren und um über die Mitarbeit der Medien an Quellen zu gelangen. Alle Ministerien machen irgendwie fleißig mit, angeblich ohne Minister, und keiner will es gewesen sein. Sicher kann man sich eigentlich nur noch sein, dass die Suche nach einem Sündenbock weitergehen wird”, kommentiert Jan Korte die Beantwortung seiner Anfrage.

Noch am vergangenen Freitag hatte das Bundesinnenministerium eine Darstellung der ARD zurückgewiesen, wonach das Ministerium über Ermittlungen gegen Netzpolitik.org umfassend Kenntnis hatte. Die Ministeriumsspitze habe vom konkreten Inhalt der Strafanzeigen gegen die beiden Journalisten erst am 31. Juli aus den Medien erfahren, sagte ein Sprecher. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) sei ohnehin nicht involviert gewesen. Die Ermittlungen gegen die Blogger Markus Beckedahl und André Meister wurden nach Protesten am Montag vom Generalbundesanwalt eingestellt.

Die Antwort der Bundesregierung wirft weitere Fragen auf: Ursprünglich gingen demnach zwei Anzeigen gegen Unbekannt beim BKA ein, die dann zu einer Anzeige wegen Landesverrats zusammengefasst wurden. Warum das geschah, ist genauso offen, wie die Frage, wie diesbezüglich die Abläufe waren. Zum anderen ist es unwahrscheinlich, dass bei einem Fall von Landesverrat zwar das Bundesinnen- und das Bundesjustizministerium eingebunden gewesen sein sollen, nicht aber die Minister und Staatssekretäre. Wann wurden diese tatsächlich in Kenntnis gesetzt?

“Ich finde es unerträglich, dass diese Bundesregierung nichts, aber auch gar nichts auch nur im Ansatz Erwähnenswertes dagegen unternimmt, dass die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes sowie unsere Wirtschaft von US-amerikanischen Geheimdiensten ausspioniert werden, aber einem fragwürdigen eigenen Inlandsgeheimdienst hilft, kritische Medien, die über das Ausspionieren berichten, mit Strafanzeigen zu gängeln. Es tut mir leid, das so deutlich sagen zu müssen: Aber entweder, liebe Frau Merkel, ist Ihnen das alles egal oder Sie haben ihren Laden nicht mehr im Griff. Es kann hier nicht die Rede davon sein, dass einzelne Ministerien oder Minister versagt haben. Diese Bundesregierung ist in Sachen Spionageabwehr ein Totalausfall und damit ein Sicherheitsrisiko für unser Land”, kritisiert Gregor Gysi.