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»Du musst ein Konzern oder Mittelständler mit 250 bis 499 Mitarbeitern sein, damit dir effektiv geholfen wird!«

Im Wortlaut von Diether Dehm,

Von Diether Dehm, Sprecher für Mittelstandspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


Im Moment stellen der Corona-bedingte Lockdown und dessen Nachwirkungen die größte Existenzbedrohung für einen überwältigenden Teil der Unternehmerinnen und Unternehmer dar. Und auch hier gilt: die Krise bringt bestehende Ungerechtigkeiten noch deutlicher hervor. Die Bedingungen, um Soforthilfe und Überbrückungshilfe beziehen zu können, verdeutlichen: einen Sozialstaat für (Solo)Selbständige – den gibt es nicht.

Dass die Annahme, wonach so ein Unternehmer sich um seine soziale Absicherung selbst kümmern kann, mindestens wohlfeil ist, zeigen die Zahlen. Seit den 2000er Jahren gibt es mehr Soloselbständige als Selbständige mit Beschäftigten und diese Betroffenen sind in erster Linie Arbeitskraftverkäufer. Konsequenterweise fördert die Bundesregierung mit ihren Hilfsprogrammen auch nur den Betrieb, nicht die Selbständigen dahinter. Die sollen Hartz IV beantragen.

Mit dem Konjunkturpaket des Koalitionsausschusses vom 3. Juni wurden weitere 25 Milliarden Euro an Überbrückungshilfen beschlossen. Allerdings sind hohe Zugangshürden zu den Hilfen geplant und die problematische Zweiteilung der Hilfen in Betriebskosten aus dem Soforthilfeprogramm und Lebenshaltungskosten aus der Grundsicherung bleibt bestehen. Darum sind die Millionen (Solo)Selbständigen darauf angewiesen, dass weiterhin Druck für eine Öffnung der Mittelverwendung nicht nur für Betriebs- sondern auch Lebenshaltungskosten gemacht wird oder aber zumindest um entsprechende Länderprogramme ergänzt werden.

Sozialsysteme für Selbständige öffnen

DIE LINKE fordert daher, dass bei Überbrückungshilfen für Unternehmen auf Basis gestaffelter Zuschüsse nicht allein die Kompensation von Betriebskosten, sondern auch die Einkommenssicherung in Höhe von mindestens 1.180 Euro pro Monat Berücksichtigung findet. Und perspektivisch wollen wir die Sozialsysteme für Selbständige öffnen.

Eine repräsentative Sonderbefragung auf Basis des KfW-Mittelstandspanels von Anfang Juni 2020 zeigt: Eine Rückkehr zu voller Wirtschaftsaktivität erwarten die meisten Unternehmen nicht vor Frühjahr 2021. Durchschnittlich 46 Prozent der üblicherweise zu erwartenden Umsätze wurden nicht erzielt. Die von der Bundesregierung vorgeschlagene Voraussetzung für Betriebskostenzuschüsse, ein Umsatzrückgang von mindestens 50 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat, würde folglich viele Mittelständler von den Hilfen ausschließen. Da fragt man sich schon (oder auch nicht mehr): Unfähigkeit oder Absicht?

Klar ist dann aber auch, dass im September 2020 eine Evaluierung über die Hilfsbedarfe der Betriebe erfolgen muss und – je nach Ergebnis – gegebenenfalls eine weitere Fortschreibung des Programms beschlossen wird. Allerdings mit Öffnung der Mittelverwendung und ohne die starre Festlegung auf einen Mindestumsatzrückgang von 50 Prozent bei den Corona-Soforthilfen! Stattdessen werden entsprechend dem jeweiligen Umsatzrückgang gestaffelte Zuschüsse zu den betrieblichen Kosten (inklusive Einkommenssicherung) für KMU und Soloselbständige, je nach Umsatzausfällen, gewährt. Das beginnt bei bis zu 9.000 Euro für alle Soloselbstständigen und Kleinstbetriebe bis 5 Beschäftigten und geht rauf bis zu 150.000 Euro für Unternehmen mit 101 bis 249 Beschäftigten.