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Die schwarze Null der Bundesregierung ist unsozial und anti-europäisch

Im Wortlaut von Roland Claus,

 

Von Roland Claus, haushaltspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

 

Es ist ja gegen eine "schwarze Null" zunächst nichts einzuwenden. Ein ausgeglichener Haushalt – wie stolz das klingt! Nur: Diese "schwarze“ Null der Bundesregierung ist auf Sand gebaut. Das Fundament stimmt nicht. Die Mischung ist falsch. Es ist darin zu viel Geld von unten und zu wenig von oben. Der Anteil der Lohnsteuer und der Umsatzsteuer wächst, der Anteil der Kapitalertragsteuer, der Abgeltungssteuer auf Zins- und Veräußerungserträge, der Körperschaftsteuer und der Erbschaftsteuer sinkt. Gleichzeitig wächst der Berg der unerledigten öffentlichen Aufgaben. Marode Brücken, Eisenbahnlinien und Straßen, Platz-, Ausstattungs- und Lehrkräftemangel an Universitäten und Schulen, Mangel an Kitas und an Erzieherinnen und Erziehern, klamme Kassen in vielen Kommunen: All das kann nicht überwunden werden, wenn nicht mehr Geld mobilisiert wird. Aber die Bundesregierung verweigert sich allen Ideen, die großen Vermögen stärker an der Finanzierung der öffentlichen Aufgaben zu beteiligen. Die Zahl der Millionäre in Deutschland ist in den letzten fünf Jahren von 800.000 auf über eine Million gestiegen – aber die Bundesregierung denkt nicht daran, das Wahlversprechen der SPD, eine Millionärssteuer einzuführen, in die Tat umzusetzen.

Sparen um buchstäblich jeden Preis

Hätte die Bundesregierung den Mut, die Einnahmen der öffentlichen Hand zu erhöhen, könnte die "schwarze Null“ tatsächlich wohltätige Wirkung entfalten. So aber bedeutet sie nur Sparen, und das ist dann buchstäblich ein Sparen um jeden Preis. Es ist ein Sparen nach dem Motto "koste es, was es wolle“. Sparen sei gut, sagt die Bundesregierung, denn es sei ein Sparen zugunsten der kommenden Generationen. Wenn aber so viele öffentliche Aufgaben liegen bleiben, hilft das den kommenden Generationen keineswegs. Nicht für das "Jetzt“, weil es an Schulen durch die Dächer tropft und Toiletten unbenutzbar werden und kaum noch Schulbusse fahren und an den Universitäten die Hörsäle und Seminarräume aus den Nähten platzen, und erst recht nicht für das "Später“, wenn sie mit den Folgen des heute Versäumten klarkommen müssen.

Das Sparen um jeden sozialen Preis ist zugleich ein Sparen um jeden europäischen Preis. Es ist grotesk: Die Europäische Union (EU) war einmal als einheitlicher Wirtschaftsraum gedacht, aber es kommt ein solcher einheitlicher Wirtschaftsraum nicht zustande, und daran hat die Bundesregierung mit ihrer "schwarzen Null“ einen entscheidenden Anteil. Deutschland ist für die europäische Wirtschaft von so großem Gewicht, dass mit einem staatlichen deutschen Investitionsprogramm dem konjunkturellen Abschwung, indem wir uns gerade befinden, in europäischem Maßstab gegengesteuert werden könnte.

Verheerende Wirkung

Aber die Bundesregierung denkt nicht daran. Sie weigert sich anzuerkennen, dass der Erfolg der deutschen Wirtschaft in den vergangenen fünfzehn Jahren wesentlich auf einer Erleichterung der deutschen Exporte und diese Erleichterung wiederum auf der Stagnation der Löhne und Gehälter in Deutschland basiert. Würde sie diesen Zusammenhang anerkennen, wüsste sie, dass sie jetzt Verantwortung dafür trägt, die Folgen dieser Entwicklung für die anderen Volkswirtschaften innerhalb der EU zu mildern. Wie soll sie denn bekämpft werden, die unsäglich hohe Jugendarbeitslosigkeit in Spanien, Portugal und Griechenland, wenn nicht mit gezielten Investitionen? Wie sollen die Wirtschaften in der EU zusammenfinden, wenn nicht durch gemeinsame Anstrengungen für ein Programm, mit dem der konjunkturelle Abschwung abgefedert wird?

Ihre verheerende Wirkung entfaltet die "schwarze Null“ schließlich auch durch weitere gefährliche politische Rahmenbedingungen. In Deutschland selbst ist das die für alle Bundesländer obligatorische, den länderpolitischen Handlungsspielraum deutlich einschränkende Schuldenbremse. Und international sind es die unsinnigen, die Wirtschaft beeinträchtigenden und die Spannungen verschärfenden Sanktionen gegen Russland.

DIE LINKE hat in der Haushaltsdebatte 2014 gegen die "schwarze Null“ gekämpft, und sie wird das auch in der Debatte für den Haushalt 2015 tun. Wir wissen uns in diesen Anstrengungen mit Vielen in unserem Lande einig.

linksfraktion.de, 25. Oktober 2014