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Die Schattenseite einer reichen Gesellschaft

Nachricht von Heidrun Bluhm-Förster, Katrin Kunert, Thomas Lutze,

Fachgespräch zur Obdach- und Wohnungslosigkeit

Heidrun Bluhm (r.) während der Diskussion

Weil Wohnungslosigkeit einen erheblichen, nicht hinnehmbaren Makel in einer wohlhabenden Gesellschaft darstellt, fordert DIE LINKE. im Bundestag die Bundesregierung regelmäßig auf, diesem Problem endlich mit der notwendigen Vehemenz zu begegnen. In der Bundesrepublik Deutschland gibt es eine große Zahl obdachloser, wohnungsloser und von Wohnungsnot bedrohter Menschen. Die Ursachen hierfür sind höchst vielfältig. Besonders problematisch ist der hohe Anteil von Frauen, Kindern und Jugendlichen.

Die Bundesrepublik Deutschland verfügt über ausreichend Potenziale, diesen Menschen angemessenen und menschenwürdigen Wohnraum zur Verfügung zu stellen. Um jedoch wirkungsvoll gegen Wohnungslosigkeit agieren zu können, ist eine belastbare Statistik über das Ausmaß der Wohnungslosigkeit in Deutschland erforderlich. Eine verlässliche Erhebung von Bund, Ländern und Kommunen gibt es bisher nicht.    Die Fraktion DIE LINKE. im Deutschen Bundestag ist im Herbst 2010 mit einem Antrag zur Einführung einer bundesweiten Statistik der Obdach- und Wohnungslosigkeit in Deutschland gescheitert. Sie hat aber einen Diskussionsprozess initiiert, den es so auf der Bundesebene zu lange nicht mehr gab. Die Ablehnungsgründe der anderen Fraktionen für den Antrag waren u. a. eine fehlende Einsicht in die Notwendigkeit und Zweifel an der Machbarkeit. Um diesen Argumenten nachzugehen und sie gegebenenfalls zu widerlegen, lud die Fraktion zu einem Fachgespräch unter dem Titel "Obdach- und Wohnungslosigkeit – Die Schattenseite einer reichen Gesellschaft" ein.
  Es  galt die Frage zu klären, brauchen wir eine bundesweite Statistik der Wohnungslosigkeit um ihr wirkungsvoll begegnen zu können und ist die Erarbeitung einer solchen bundesweiten Statistik überhaupt machbar.

Eine bundesweite Wohnungslosenstatistik ist machbar
  Eingeladen als Experten waren Gabrielle Schmidt, Referatsleiterin im Ministerium für Arbeit, Integration und Soziales NRW, Dr. Thomas Specht, Geschäftsführer der Bundesarbeitsgemeinschaft Wohnungslosenhilfe e.V. Klaus Duschek vom Statistischen Bundesamt und Rainer Wild vom Berliner Mieterverein. Knapp 40 Bürgerinnen und Bürger beteiligten sich an einer interessanten und hochkonzentrierten Diskussion. Für die Fraktion waren Heidrun Bluhm, Katrin Kunert und Thomas Lutze mit dabei. 

Die Antwort auf die Frage nach der Notwendigkeit und der Machbarkeit einer bundesweiten Wohnungslosenstatistik war eindeutig: Ja, wir brauchen Zahlen um wirkungsvoll gegen Obdach- und Wohnungslosigkeit vorgehen zu können und ja, eine solche Statistik ist machbar. NRW ist hier bundesweit in einer Vorreiterrolle und praktiziert es als einziges Bundesland. Frau Schmidt machte deutlich, dass es lediglich gewollt sein muss, sprich der politische Wille artikuliert und umgesetzt werden muss.    Das Statistische Bundesamt stimmte dem zu und sah weder organisatorische noch datenschutzrechliche Aspekte, die dagegen sprechen. Rainer Wild machte darauf aufmerksam, dass das gegenwärtige Mietrecht nicht geeignet ist, Wohnungslosigkeit zu verhindern, und dass die Bundesregierung plant, die entsprechenden Paragrafen des BGB so zu verschärfen, dass Kündigung auf die Straße zukünftig noch leichter fallen wird. 

Wirkungsvolle Programme zur Bekämpfung der Obdachlosigkeit fehlen

Für die direkt Betroffenen machte Dr. Sprecht deutlich, dass in Deutschland nur gilt, was zählbar ist. Und solange es keine bundesweite Wohnungslosenstatistik gibt, wird es auch keine wirkungsvollen Programme zur Bekämpfung der Obdach- und Wohnungslosigkeit geben. Und genau das ist aber in einer so reichen Gesellschaft wie die Bundesrepublik nicht hinnehmbar. 

DIE LINKE fühlte sich also vollständig bestätig über die Notwendigkeit ihrer bisherigen parlamentarischen Initiativen. Die Ergebnisse des Fachgespräches bieten nun ausreichend Stoff für einen weiteren Antrag der Fraktion. Heidrun Bluhm kündigte im Anschluss einen solchen an. Sie machte aber auch klar, allein die Zahlen taugen nichts wenn mit ihnen nicht entsprechend gearbeitet wird, Maßnahmen und Programme entwickelt werden mit denen den Betroffenen geholfen werden kann.
  Die konservativen Bundesregierungen waren hier schon mal ein gutes Stück weiter als die gegenwärtige, die das Thema schlicht ignoriert. In den neunziger Jahren erkannte Schwarz-Gelb das Problem als ein gesamtgesellschaftliches und trieb entsprechende Studien voran. Warum Rot-Grün das Thema ab 1998 gänzlich versenkte, wissen wir nicht. Sie haben jetzt aber Gelegenheit, sich zur Bekämpfung dringender sozialer Problem zu bekennen. Heidrun Bluhm kündigte an: "Der Antrag wird noch vor der Sommerpause in den Bundestag eingebracht."