Darf das Jobcenter Menschen im Hartz-IV-Bezug das menschenwürdige Existenzminimum kürzen? Das Bundesverfasssungsgericht hat am 5. November 2019 die Möglichkeiten dazu stark eingeschränkt. Die derzeitigen Regeln mit Sanktionen um 60 Prozent oder mehr seien mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE, nennt das Urteil einen Teilerfolg. Der Kampf zur Überwindung von Hartz IV sei damit aber noch nicht gewonnen.
Was bedeutet für Sie das Bundesverfassungsgerichtsurteil?
Katja Kipping: Ein Fortschritt. Ein Teilerfolg, der Rückenwind gibt für den weiteren politischen Kampf. Viele haben daran mitgewirkt, dass es zu so einem Verfahren kam. DIE LINKE hat immer wieder kritische Expertise zusammengetragen. Erwerbsloseninitiativen haben Menschen beraten, für ihre Rechte einzustehen. Es ist dem Gothaer Sozialrichter Jens Petermann, einst Abgeordneter für DIE LINKE. im Bundestag, zu verdanken, dass es überhaupt zu einer Richtervorlage kam. Sozialverbände haben die Wirkung der Sanktionen kritisch beleuchtet. Kurzum, da gab es viel, oft unsichtbare Arbeit im Hintergrund. Das Urteil ist aber kein Grund, sich zurückzulehnen, denn der Kampf zur Überwindung von Hartz IV geht weiter. Den kann uns kein Gericht der Welt abnehmen.
Drastische Sanktionen darf es ab sofort nicht mehr geben. Was passiert mit denjenigen, die zuvor grundgesetzwidrig bestraft wurden? Haben sie ein Recht auf Entschädigung?
Wenn es nach mir ginge, ja. Das Urteil sieht das aber leider nicht vor.