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Die Linke wirkt

Im Wortlaut von Werner Dreibus,

SPD streitet um Arbeitslosengeld

Gastkommentar von Werner Dreibus

Der Streit um die verlängerte Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I zeigt erneut: Links wirkt. Wir können gespannt sein, welche interessanten Vorschläge wir in den nächsten Tagen und Wochen von der SPD hören werden. Angeblich nimmt die SPD nun auf, was die Menschen ihr sagen. Aber dem ist hinzuzufügen: Reden ist Silber, Handeln wäre Gold. Den neuesten Umfragen nach müßten dann die Rente mit 67 rückgängig gemacht, die Auslandseinsätze in Afghanistan abgelehnt und der Mindestlohn durchgesetzt werden.

Die Linke ist der Auffassung, daß eine Revision der Arbeitsmarkt- und Sozialgesetzgebung längst überfällig ist. Im November 2006 haben wir bereits - verbunden mit der Debatte um den Haushalt 2007 und versehen mit konkreten Finanzierungsvorschlägen - genau das gefordert, was nun in der SPD diskutiert wird. Dem folgte ein Antrag zur Verlängerung der Bezugsdauer des Arbeitslosengeldes I, der im März dieses Jahres zum ersten Mal beraten wurde. In dieser Debatte haben die SPD-Abgeordneten - und im übrigen auch die Vertreter der anderen Parteien - dies alles als Teufelswerk verdammt.

Die Fakten sprechen für die Verlängerung. Die Zahl der Arbeitslosengeld-II-Empfänger über 55 Jahre ist von 581000 im Februar 2006 auf 651000 im Mai 2007 angewachsen. Dieser Anstieg von 13 Prozent zeigt, daß die Arbeitsmarktpolitik sicherlich kein Erfolgsmodell ist, wenn ältere Arbeitslose nach 18 Monaten noch keinen Job gefunden haben. Und im September 2007 sind allein 40000 Menschen über 55 aus dem Bezug von Arbeitslosengeld I gefallen, aber nur 6000 von ihnen deswegen, weil sie einen Job gefunden haben.

Das alles beweist: Ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tragen ein höheres Arbeitsplatzrisiko, und im Falle der Erwerbslosigkeit sind ihre Chancen am Arbeitsmarkt meist schlecht. Die derzeitige Regelung von zwölf bzw. 18 Monaten ist deswegen problematisch, weil langjährig Erwerbstätige am Ende ihres Erwerbslebens in ihrem Lebensstandard auf Hartz-IV-Niveau zurückfallen, obwohl sie ihr Leben lang in die Arbeitslosenversicherung eingezahlt haben. Und schließlich ist auch das Argument der Frühverrentungspraxis der Großkonzerne falsch: Vor Einführung der Hartz-Reformen mußten Arbeitgeber in so einem Fall die Kosten der Arbeitslosenversicherung erstatten. Diese Regelung ist allerdings unter Rot-Grün abgeschafft worden.

Je stärker Die Linke, desto sozialer wird Deutschland - zumindest in den derzeitigen Debatten. Die Menschen werden beobachten, ob die SPD nur redet mit Blick auf Wahlen und Umfragen oder ob es ihr wirklich um die Verbesserung der sozialen Situation geht.

Von Werner Dreibus

junge Welt, 12. Okotber 2007