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DIE LINKE macht den Unterschied – Gesellschaftliche Veränderung braucht starke Bündnispartner

Im Wortlaut von Susanne Ferschl, Jan Korte,

Von Susanne Ferschl, stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE, und Jan Korte, Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion.


Corona zeigt: Deutschland ist für eine Pandemie schlecht gerüstet. Die Anfälligkeit für das Virus ist das Ergebnis einer Politik, die seit drei Jahrzehnten betriebswirtschaftliche Kriterien anwendet und nahezu alle gesellschaftlichen Bereiche auf Profit getrimmt hat:

In zahlreichen Kommunen wurden Verwaltungen verschlankt, Dorfschulen geschlossen und der Bauhof privatisiert. Der öffentliche Personen- und Nahverkehr wurde eingeschränkt, Streckenkilometer stillgelegt, der Busverkehr ausgedünnt. Trotz steigender Patientenzahlen wird im Krankenhaus kontinuierlich Personal abgebaut, das Gesundheitswesen wurde nicht am Bedarf, sondern am Profit ausgerichtet. Der Personalmangel auf den Intensivstationen bietet ebenso sehr ein offenes Einfallstor für das Virus wie volle Schulklassen oder überfüllte Bahnen. Aber auch in Bezug auf die öffentlichen Verwaltungen rächt sich der Personalabbau, wie an den überforderten Gesundheitsämtern bei der Nachverfolgung, der schleppenden Ausschüttung der Soforthilfen oder dem Betrug bei Corona-Tests unschwer zu erkennen ist.

Die fehlende Resilienz gegenüber dem Virus wird durch die Einschränkung von Grund- und Freiheitsrechten kompensiert. Dabei wird auch hier die soziale Schieflage deutlich: Eine vierköpfige Familie in einer Dreizimmerwohnung ist ungleich härter von Ausgangssperren betroffen, als ein Paar in einer Villa in Dahlem mit 1.300 Quadratmeter Grund. Das Prinzip neoliberaler Politik wird nun mit einem autoritären Vorzeichen versehen. Aus individuellen Freiheiten werden individuelle Pflichten, während die Bundesregierung ihren Teil der Verantwortung ignoriert. Das Ergebnis sind Einschränkungen im Alltags- und Freizeitbereich für jeden Einzelnen, während die Bundesregierung nichts tut, um den gesellschaftlichen Rahmen zu ändern: Eine Personalaufstockung in den Krankenhäusern gibt es nicht, ebenso wenig einen Ausbau des ÖPNV, auch an eine Verkleinerung von Schulklassen ist nicht zu denken. Notwendig wären aber neue politische Weichenstellungen, die den Menschen Mut machen, weil sie die gesellschaftlichen Grundbedürfnisse zum Maßstab nehmen.

Die Pandemie legt den desolaten Zustand unseres Gesundheitssystems offen. Knapp 6.000 Intensivbetten waren über den Jahreswechsel mit Patienten belegt, die schwer an Covid-19 erkrankt waren. Eine medizinische Katastrophe für jeden einzelnen Erkrankten. In einem der reichsten Länder der Welt standen wir vor dem Kollaps des Gesundheitssystems, weil es seit Jahren finanziell ausblutet. Schon lange vor der Pandemie haben die dort Beschäftigten hart an der Belastungsgrenze gearbeitet, weil bundesweit mehr als 100.000 Pflegekräfte fehlten. Die Gewerkschaft ver.di kritisiert seit Jahren, dass der steigende Kostendruck in den Krankenhäusern zu Lasten der Beschäftigten geht. Arbeitsbelastung und -verdichtung nehmen zu. Auf dem Höhepunkt der Pandemie wurden gleichzeitig Krankenhäuser geschlossen, das setzt dem ganzen Wahnsinn die Krone auf.

DIE LINKE will deshalb die Finanzierung der Krankenhäuser grundlegend reformieren. Ein leistungsorientiertes, fallpauschalenfinanziertes Gesundheitssystem führt auf Dauer zu einer Unterversorgung der Krankenhäuser. So ist eine bedarfsgerechte und an den individuellen Bedürfnissen der Patienten orientierte medizinische Versorgung nicht zu garantieren. Dieses System ist lebensgefährlich – nicht nur in der Theorie, sondern, wie wir leider sehr anschaulich vor Augen geführt bekommen haben, ganz konkret. Profitorientierung hat in der Daseinsvorsorge und insbesondere im Gesundheitssystem nichts zu suchen, denn der Markt ist blind für die Versorgungsbedürfnisse der Menschen.

Auch im Bildungsbereich leuchtet die Pandemie die Defizite aus. Seit fast einem Jahr gibt es an den Schulen keinen ordentlichen Unterricht mehr. Es fehlen Konzepte, Lernplattformen brechen zusammen und Lehrer werden alleingelassen. Der digitale Leerstand rächt sich zunehmend. Es sind vor allem die Kinder aus einkommensschwachen Familien, die in diesem Chaos vollends auf der Strecke bleiben. Denn abgehängt waren sie auch schon vorher, die Pandemie verstärkt den Trend nun. Experten befürchten, dass in ein bis zwei Jahren eine große Zahl an Schülern nicht lesen und schreiben können wird. Auch das in einem der reichsten Länder der Welt.

Um zu verhindern, dass eine ganze Generation abgehängt wird, will DIE LINKE auch in der Bildungspolitik einen Kurswechsel. Investitionen in die Lehrerausbildung gehören ebenso dazu wie die digitale Aufrüstung. Nicht jede Familie hat zuhause einen Laptop, geschweige denn einen für jedes Schulkind. Eine Ausrüstung aller Schüler mit digitaler Technik wäre ein Anfang. Aber das Lehrpersonal muss auch dafür ausgebildet werden, diese auch zu nutzen. Ein Breitbandanschluss bringt erst etwas, wenn die Schule auch eine IT-Infrastruktur besitzt. Viel zu oft wird die noch von Eltern im Ehrenamt oder nebenbei vom Lehrpersonal betrieben, statt von Expert:innen der Kommune. Aus den Erfahrungen der Pandemie zu lernen bedeutet auch, sich endlich um die Schulgebäude zu kümmern: Die Luft in den Klassenträumen war schon vor der Pandemie schlecht. Und dass erst mit Corona über fehlende Seife und mangelhafte Reinigung berichtet wurde, zeigt, an wie viel Verfall man sich in deutschen Schulen bereits gewöhnt hat.

Wir erleben momentan eine Politik der Maßnahmen, die zwar versucht soziale Härten abzufedern, aber am Grundprinzip der Profitlogik festhält. Es ist der verzweifelte Versuch, hier und da ein Loch zu stopfen. Für einen dringend benötigten Kurswechsel aber braucht es Mut. Nach 16 Jahren CDU ahnen die Leute, dass diese Partei keine Vision einer Gesellschaft hat, der es in Zukunft besser geht und die auch zukünftig besser mit sich umgeht. Unsere Politik stellt den Menschen in den Mittelpunkt und richtet die öffentliche Daseinsvorsorge an seinen Grundbedürfnissen aus. Das erfordert Investitionen und die wiederum machen eine Umverteilung von oben nach unten notwendig. Die anstehenden Verteilungskämpfe dürfen sich nicht nur darauf beschränken, die Krisenkosten auf alle zu verteilen. So eine Haltung nimmt schwache Schultern in die Verantwortung, weil sie starke Schultern entlasten möchte. Wir schlagen deshalb die Einführung einer einmaligen Vermögensabgabe vor, die Millionäre und Milliardäre zur Finanzierung der Krisenkosten heranzieht. Uns geht es darum, über den bisherigen Status quo hinauszugehen und die Investitionen im Bereich der Daseinsvorsorge auszuweiten. Die Resilienz der Gesellschaft gegenüber der aktuellen und künftigen Pandemien kann nur durch einen Kurswechsel weg von neoliberalen Prinzipien gestärkt werden.

Mit uns gibt es aktuell im Bundestag nur eine Stimme, die die Interessen aller abhängig Beschäftigten vollständig im Blick hat: Von denen, die im Homeoffice sicher arbeiten wollen, bis zu denen, die besonderen Schutz brauchen, weil sie auf der Krankenhausstation arbeiten oder in Schlachthöfen oder auf Spargelfeldern ausgebeutet werden. Mit uns gibt es eine Stimme für Würde in der Pflege, für ein allein an den Bedürfnissen der Patientinnen und Patienten ausgerichtetes Gesundheitssystem – auch in einer Pandemie. Wir stehen für eine Bildungspolitik, die nicht benachteiligt. Wir können den Unterschied machen, denn nur DIE LINKE steht für einen konsequenten Kurswechsel.

Dieser wird sich aber weder vom Seitenrand oder aus der Meckerecke heraus umsetzen lassen. Und wir schaffen ihn nicht allein. Soll die CDU raus aus der Regierung, bedeutet das, dass DIE LINKE Verantwortung für eine bessere und gerechtere Gesellschaft übernehmen muss. Wir brauchen ein Bündnis, das über parlamentarische Zusammenarbeit hinausgeht: Mit starken gesellschaftlichen Bündnispartnern.

Nur die starke Mobilisierung der Kolleginnen und Kollegen in den Gewerkschaften im öffentlichen Dienst hat verhindert, dass sich die Bundesregierung mit einer krisenbedingten Minusrunde für die Beschäftigten durchsetzen konnte. Die verhärteten Fronten bei dieser Tarifauseinandersetzung zeigen, dass in der aktuellen Situation die Interessen von Arbeitnehmer:innen nicht von der Frage um die Neuaufstellung des Staates getrennt werden können. Wer will, dass das Personal in Krankenhäusern und Pflegeheimen wertgeschätzt und gut bezahlt wird, wer eine ausreichende Personaldecke an Schulen, in Behörden und öffentlichen Betrieben will, damit sich die Leute dort nicht kaputtmachen, wer Privatisierung und prekäre Arbeitsbedingungen zurückdrängen will, der kann sich aus der verteilungspolitischen Debatte nicht heraushalten. Die kommende Bundestagswahl wird entscheidend sein für die Weichenstellung nach der Pandemie: Wird der Sozialstaat noch mehr zusammengekürzt? Oder nehmen wir die Pandemie als Weckruf, verteilen die Lasten der Krise auf starke Schultern und stellen das Land krisensicher und lebenswert für alle auf?

Das Land der CDU/CSU, der FDP und vom Arbeitgeberversteher-Flügel der SPD – das Land der Großunternehmer und der Lobbyisten, in dem Geld Einfluss kaufen kann und der Profit über den Menschen gestellt wird – ist mit der Pandemie an sein Ende gekommen. Sozialer Fortschritt wird erkämpft und die Gewerkschaften haben dabei immer eine zentrale Rolle gespielt. Jetzt geht es wieder um etwas: Nicht darum, den Zustand wieder herzustellen, der vor der Pandemie geherrscht hat, sondern etwas Besseres danach aufzubauen: Ein Land, in dem die vielen Menschen im Vordergrund stehen und nicht die Profite von wenigen.