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Deutsch-afrikanischer Investitionsgipfel: Warum Siemens Afrika nicht retten wird

Im Wortlaut von Eva-Maria Schreiber,

Deutsche Privatinvestitionen als Motor der Entwicklung Afrikas – so also sieht sie aus, die vielbeschworene neue Afrikastrategie der Bundesregierung. Am 30. Oktober treffen elf afrikanische Staats- und Regierungschefs zum G20 Investment Summit in Berlin ein, um unter der Schirmherrschaft von Bundeskanzlerin Merkel Verträge mit deutschen Unternehmen wie Allianz oder VW zu unterzeichnen. Zugleich stellt die Bundesregierung bei dem von Siemens gesponserten Event einen neuen Entwicklungs- und Investitionspakt für Afrika vor. Es ist bedenklich, dass sich das kreative Potential der deutschen Entwicklungspolitik darin erschöpft, die Expansion deutscher Unternehmen nach Afrika voranzutreiben. Mindestens ebenso besorgniserregend ist aber, dass die damit verknüpften entwicklungspolitischen Erwartungen auf Sand gebaut sind.

Mitmachen dürfen nur Reformchampions

Die Bundesregierung erhofft sich durch deutsche Investoren neue blühende Landschaften in Afrika – und ein Ende von Flucht- und Migrationsbewegungen Richtung Europa. Um diese Ziele zu erreichen, möchte sie afrikanische Länder zu investorfreundlichen Regimen umbauen, und holt sich Unterstützung bei den G20-Ländern, der Weltbank und dem IWF, mit denen sie den Compact with Africa geschnürt hat. Mitmachen dürfen nur die besten afrikanischen Staaten, sogenannte Reformchampions, auf die die deutsche Entwicklungszusammenarbeit zukünftig ihre Arbeit konzentrieren will.

Mit diesen Ländern – darunter Tunesien, Ghana, Ägypten oder Äthiopien – erarbeiten IWF und Weltbank umfassende Liberalisierungs- und Privatisierungsstrategien (Strukturanpassungsprogramme). Die Deutsche Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ) setzt dort Pläne zur Gründung neuer Freihandelszonen um. Und die Bundesregierung hat keine Probleme damit, Geschäfte zwischen dem ägyptischen Diktator Al-Sisi und Siemens anzubahnen. Investitionen fördern, koste es was es wolle – so lautet die Maxime.

Brauchen keinen neoliberalen Voodoo-Zauber

Damit Sie mich nicht falsch verstehen: Deutsche Investitionen in Afrika sind nicht per se falsch. Sie dürfen aber nicht Ausgangs- und Endpunkt der deutschen Afrikapolitik sein. Denn eine solche Politik ist völlig ungeeignet, die drängendsten Probleme der afrikanischen Länder wie Ungleichheit, Armut, autoritäre Strukturen oder hohe Staatsverschuldung zu lösen. Im Gegenteil: Diese Politik verstärkt Ungleichheit innerhalb der afrikanischen Länder sowie zwischen diesen, indem sie ihr Handeln vor allem an Renditewartungen von Unternehmen ausrichtet. Wirtschaftlich uninteressante, arme Staaten bleiben im Regen stehen. Diese Politik fordert Investitionsschutz für Unternehmen, vergisst aber, Freiheits- und Menschenrechte zu fördern. Und sie kurbelt Kapitalexporte – etwa in der Form von neuen Krediten und Öffentlich-Privater Partnerschaften – nach Afrika an, die eine neue Verschuldungskrise in Afrika auslösen könnten.

Das Urteil von Siphokazi Mthathi, Geschäftsführerin von Oxfam Südafrika, zu dieser Strategie ist eindeutig: "Wir brauchen keinen neoliberalen Voodoo-Zauber, sondern eine visionäre Wirtschaftspolitik der nachhaltigen und inklusiven Entwicklung." Eckpunkte einer solchen Politik müssten der Aufbau einer öffentlichen Daseinsvorsorge im Gesundheits- und Bildungsbereich sein –  wie es vor kurzem auch das staatliche Evaluierungsinstitut DEval in einer Studie zu Budgethilfen für Entwicklungsländer gefordert hat –, die Stärkung heimischer wirtschaftlicher Akteure in Afrika sowie ein partnerschaftlicher Dialog mit den afrikanischen Ländern, der sich nicht auf den Austausch mit einigen abgeschotteten Eliten beschränkt. Ohne diesen Rahmenbedingungen verkommt der deutsch-afrikanische Investitionsgipfel zu einem billigen Abklatsch des chinesisch-afrikanischen Gipfels von Anfang September. Dort kündigte China an, in Afrika in den kommenden drei Jahren 60 Milliarden US-Dollar zu investieren. So viel Geld wird In Berlin wohl nicht zusammenkommen.