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Der politische Wille fehlt

Im Wortlaut von Frank Tempel,

Von Frank Tempel





Die Diskussion über Offshore-Steuerparadiese hat auf den Punkt gebracht, dass die aufgedeckten Finanztransaktionen zum Teil legal sind und auf Steuerschlupflöchern beruhen. Dieser Umstand ist seit Langem bekannt, allein die Regierungskoalition hat bis auf kosmetische Gesetzesänderungen nichts vorzuweisen, was diese Situation ändert. Wenn zum Beispiel Wolfgang Kubicki (FDP) bei Günter Jauch Konzernen empfiehlt, mehr Offshore zu wagen, da auch deutsche Konzerne von Steuervermeidungsmöglichkeiten profitieren sollten, ist klar, woher die Zurückhaltung kommt.

Weiterhin wird deutlich, dass Organisation und Ausrichtung der zur Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Wirtschaftskriminalität geschaffenen Behörden – insbesondere bei den Betriebsprüfern und Steuerfahndern der Länder, aber auch beim Zoll – den negativen Folgen der globalisierten Finanzmärkte nicht mehr gewachsen sind.

Komplexe Ermittlungen gegen Firmengeflechte fast unmöglich

Betriebsprüfungen und Ermittlungen der Steuerfahndung und der Zollfahndungsbehörden kranken seit Jahren an politischen Vorgaben, die auf schnell ermittelbare und einfach einzutreibende Geldforderungen zielen. Immense Schadenssummen- und Fallzahlvorgaben werden gemacht und gleichzeitig aber Personal- und Sachmittel gekürzt. Die Folge sind verstärkte Prüfungen bei Kleinbetrieben, einfachen Steuerzahlern und Selbstständigen. Komplexe Ermittlungen gegen Firmengeflechte, die zur  Verschleierung von Gewinnen und von fälligen Steuern oder gar zum Umsatzsteuerbetrug bei grenzüberschreitendem Handel  gegründet wurden, sind auf diese Art unwahrscheinlich bis unmöglich.

In einigen Bundesländern wie zum Beispiel Bayern werden zurückhaltende Betriebsprüfungen als Standortpflege verstanden. Dort gibt es mit Abstand die geringste Anzahl an Betriebsprüfern pro Einwohner.

Steuerfahndungen und Zollfahndungsdienst stehen immer wieder unter Druck, wenn Ermittlungen in Richtung von Großfirmen laufen. Neben persönlichen Beziehungsgeflechten von Politik und Wirtschaft ist auch immer wieder eine Erpressbarkeit der Politik zu beobachten, wenn mit einer Verlagerung von Produktionsstandorten gedroht wird. Nichtverfolgung großangelegter Steuer- und Finanzbetrügereien ist korruptionsfördernd.

Zuständigkeit entzogen ohne nachvollziehbare Begründung

Bei Betriebsprüfern, Steuerfahndern sowie bei Zollfahndern wird die Einflussmöglichkeit von politischen Entscheidungsträgern durch die regionale Bezogenheit der Behörden begünstigt. Es gibt 43 Hauptzollämter in Deutschland. Die Zollfahndung ist diesen fiskalisch ausgerichteten und sich als Partner der Wirtschaft verstehenden Verwaltungen nachgeordnet und wird von der Behördenführung auch so behandelt. Uns werden immer wieder Fälle bekannt, bei denen ohne sachlich nachvollziehbare Begründung Ermittlungsgruppen die Zuständigkeit für bestimme Fälle entzogen wurden, ohne anderen Orts im entsprechendem Maße weitergeführt zu werden.

Der Antrag der LINKEN zur Schaffung einer Bundesfinanzpolizei zielt auf eine angemessenen Struktur zur Verfolgung von Wirtschaftskriminalität auf Bundesebene. Die bisherigen Zollfahndungsämter würden aus den Hauptzollämtern herausgelöst werden und zusammen mit dem Zollkriminalamt die Bundesfinanzpolizei bilden. Ein klarer Vorteil wäre die Konzentration von Ermittlungsarbeit auch auf komplexe Fälle, eine höhere Unabhängigkeit von regionalen Einflussnahmen aus der Politik, eine bessere Vernetzung durch gestraffte Strukturen und die Möglichkeit einer spezialisierten polizeilich-kriminalistischen Ausbildung. Aus dem Bereich der Zollfahndung und von der Gewerkschaft der Polizei wird dieser Vorschlag ausdrücklich unterstützt.

Entscheidende Grundlage für die konsequente Schließung von Steuerschlupflöchern und der stärkeren Verfolgung  von Wirtschaftsverbrechen ist aber der politische Wille. Aus Regierungskreisen ist davon wenig zu spüren und auch SPD und Grüne halten sich beim Thema auffällig zurück.

linksfraktion.de, 9. April 2013