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Der Mindestlohn ist möglich

Periodika,

Zeit zu träumen für rund acht Millionen Menschen, die heute zu Niedriglöhnen

arbeiten müssen: Noch nie war der Mindestlohn so nahe.

In naher Zukunft könnte Fantastisches passieren: Der Deutsche Bundestag beschließt, einen gesetzlichen flächendeckenden Mindestlohn in Höhe von 10 Euro einzuführen. Ein einziges Gesetz – und Millionen Menschen, die davon profitieren würden.

Dank des Mindestlohns genießen Millionen Menschen eine kräftige Lohnerhöhung. Vorbei die Zeiten, in denen mehr als acht Millionen Niedriglohnbeschäftigte weniger als 9,15 Euro pro Stunde erhielten – unter ihnen fast 2,5 Millionen Menschen mit weniger als 6 Euro die Stunde.

Egal, ob Gärtner in Sachsen oder Friseurin in Bayern – die Menschen jubeln. Jetzt reicht das Einkommen des Gärtners, um den Kindern die Klassenfahrten zu bezahlen und mit der Familie zu verreisen. Für die Friseurin aus Bayern entfällt der Gang zum Amt, um dort trotz täglich anstrengender Arbeit um Unterstützung zu betteln. Stattdessen führt ihr Weg in eine Zukunft, in der Familienplanung möglich ist. Deutschland ist gerechter geworden, denn jetzt bekommen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mehr von dem Reichtum, den sie erarbeiten und von dem ihnen bisher so viel genommen wurde.

Millionen Menschen ist eine Last genommen: Sie müssen sich nicht mehr vor Altersarmut ängstigen, sondern dürfen sich auf eine auskömmliche Rente freuen, die durch das Einkommen und die damit verbundenen Einzahlungen in die Rentenversicherung gesichert wird. Bisher führten Löhne von 6 oder 9 Euro selbst nach 45 Jahren dauerhafter Vollzeitarbeit nicht einmal zu einer Rente in Höhe der Grundsicherung von 684 Euro.

Rosigen Zeiten sehen die öffentlichen Kassen entgegen. Sie sparen all jene Milliarden, die der Staat bisher ausgab, um Dumpinglöhne zu subventionieren. Für den Staat ein riesiges Plus in der Kasse, denn allein in den Jahren 2007 bis 2011 hatte er hierfür 53 Milliarden Euro ausgegeben. Aber auch in den Sozialkassen sprudelt das Geld. Dank Mindestlohn erhöhen sich die Beiträge der Beschäftigten und der Arbeitgeber. In die Rentenversicherung, die Krankenkassen, die Arbeitslosenversicherung und die Pflegekasse fließen mehr Beiträge denn je.

Jubel in den Finanzämtern: Der Mindestlohn bringt ihnen jährlich Mehreinnahmen von 5,3 Milliarden Euro an Einkommenssteuer. Diese Einnahmen machen nun Investitionen in Bildung, Infrastruktur und Kultur möglich. Auch die Wirtschaft freut sich: Weil die Menschen mehr Geld in der Tasche haben, können sie wieder mehr konsumieren – die Binnenkaufkraft steigt, die Wirtschaft brummt.

Entschärft ist mit dem Mindestlohn zudem ein anderer sozialer Sprengsatz: die deutsche Niedriglohnpolitik zum Nachteil Europas. Vorbei die Zeiten, in denen deutsche Dumpinglöhne in den europäischen Nachbarländern die Wirtschaft zerstörten und dort die Arbeitslosigkeit ansteigen ließen. Weil sich die Exportbilanzen der EU-Länder nun wieder mehr im Einklang befinden, findet die europaweite Abwärtsspirale ein Ende und damit die Krise der EU.

Dass man von einer solchen Vision träumen kann, ist das Ergebnis jahrelanger Überzeugungsarbeit von Gewerkschaften und der Fraktion DIE LINKE. Sie hatten schon vor vielen Jahren erkannt, wie problematisch es ist, wenn Niedriglöhne und zerstörte Tarifvertragsstrukturen den Arbeitsmarkt prägen. Das war Anfang des Jahrtausends.

Auch wenn SPD und Grüne das im Wahlkampf gern vergessen: DIE LINKE war es, die als erste Fraktion im Jahr 2002 eine Initiative für einen gesetzlichen Mindestlohn in den Bundestag einbrachte und dafür von allen anderen Bundestagsfraktionen verspottet wurde. Selbst als sogenannte Wirtschaftsweise den Mindestlohn als „Werk des Teufels“ bezeichneten, blieben DIE LINKE und Gewerkschaften unbeirrt: Sie führten jahrelange Kampagnen, um für den Mindestlohn zu werben.

Mit zahlreichen Anhörungen und Anfragen thematisierte die Fraktion DIE LINKE den Mindestlohn immer wieder im Bundestag und setzte so SPD und Grüne unter Druck. Vor Kameras sprachen die zwar gern vom Mindestlohn, aber im Plenum des Bundestags stimmten sie regelmäßig gegen ihn. Nun könnte der Traum endlich wahr werden, wenn all die Sonntagsrednerinnen und -redner der anderen Parteien ihren Worten endlich Taten folgen ließen.