Von Sevim Dagdelen
Die britische Justiz lehnt die Freilassung Julian Assange auf Kaution oder in überwachten Hausarrest ab. Der Journalist und Wikileaks-Gründer bleibt weiter im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London eingesperrt, wo ihm höchste Gefahr für Leib und Leben droht. Das hat Richterin Vanessa Baraitser verfügt, die erst kurz davor einen Auslieferungsantrag der USA abgelehnt hatte – und dies ausdrücklich mit Verweis auf den schlechten Gesundheitszustand Assanges und den schlimmen Haftbedingungen, die ihn in einem sogenannten Supermax-Gefängnis mit Hochsicherheitsverwahrung in den Vereinigten Staaten erwarten würden.
Die Urteile des Londoner Gerichts im Fall Assange sind ein einziger Skandal und eine große Schande. Die Begründungen im Einzelnen so hanebüchen wie haarsträubend. Die britische Justiz folgt hier stramm der US-Regierung und setzt die seit zehn Jahren währende Verfolgung, Diffamierung und Isolation von Julian Assange gnadenlos fort und fügt der Pressefreiheit schweren Schaden zu.
Über die Entscheidung, dass Julian Assange zunächst nicht an die USA ausgeliefert werden darf, kann man sich natürlich nur freuen. Für Julian Assange selbst wie auch seine Familie, seine Verlobte Stella Morris und seine beiden Kinder, die ihren Vater noch nie in Freiheit sehen oder mit ihm unbefangen spielen konnten. Dass der US-Auslieferungsantrag am 4. Januar negativ beschieden wurde, ist auch ein großer Erfolg der internationalen Solidaritätsbewegung, die mit unzähligen Kampagnen und Initiativen in den vergangenen Monaten genau darauf hingearbeitet hat. In den USA drohen Julian Assange für die Aufdeckung von Kriegsverbrechen schließlich 175 Jahre Gefängnis, das heißt die Todesstrafe auf Raten.
Das 132 Seiten umfassende Urteil allerdings ist inhaltlich eine schwere Hypothek für die Pressefreiheit. Die britische Justiz folgt über weite Strecken den US-Klägern und rechtfertigt die Kriminalisierung der journalistischen Arbeit von Wikileaks und Julian Assange. Richterin Baraitser will Assange einzig wegen der Haftbedingungen, die ihm in den USA drohen und die ihn in den Selbstmord treiben könnten, nicht ausliefern lassen. Das Gericht betreibt damit eine Psychiatrisierung von Julian Assange und versucht sich an der weitgehenden Entpolitisierung dieses international beachteten Falls.