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Der Bundestag muss sich seine Rechte zurückholen

Im Wortlaut von Wolfgang Gehrcke,

Von Wolfgang Gehrcke, Leiter des Arbeitskreises VI - Internationale Beziehungen


 




"Wenn Wahlen was verändern würden, wären sie verboten!"

Über diesen Sponti-Spruch habe ich mich immer amüsiert und geärgert. Ehrlich gesagt, mehr geärgert als amüsiert. Nun wird mir das Gleiche durch die Bundestagsmehrheit von Union und SPD demonstriert. Ein Parlament ist gewählt. Es hat Aufgaben wahrzunehmen, aber wird davon abgehalten, sie zu erfüllen. Deutlicher könnte man der Mehrheit der Abgeordneten gar nicht vor Augen führen, wie unbedeutend sie vor einer künftigen Regierung sind.

CDU/CSU und SPD operieren in einer verfassungsrechtlichen Grauzone. Das Grundgesetz schreibt nicht nur das Funktionieren einer parlamentarischen Demokratie vor, sondern setzt dafür auch einen Rahmen. Dazu gehören auch die Einsetzung bestimmter Ausschüsse durch den Bundestag – wie zum Beispiel der Auswärtige Ausschuss oder der Haushaltsausschuss. Die Bildung dieser Ausschüsse, DIE LINKE hatte es beantragt, wird von der Mehrheit blockiert. Stattdessen soll jetzt ein so genannter Hauptausschuss eingerichtet werden, der nie und nimmer in der Lage sein wird, eine anständige Beratung zu vielen einzelnen Problemen durchzuführen.

Ein Beispiel? Bitte sehr: Bis zum 31. Dezember muss der Bundestag ausgestellte Mandate für Bundeswehreinsätze im Ausland, konkret im Mittelmehrraum und im Südsudan beziehungsweise Sudan, verlängern oder die Soldaten zurückholen. Die LINKE tritt dafür ein, dass diese Mandate nicht verlängert werden. Verabredung aller Bundestagsparteien war bislang, dass über Bundeswehreinsätze im Ausland gründlichst diskutiert wird – im Verteidigungsausschuss, im Auswärtigen Ausschuss, im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und im Ausschuss für Menschenrechte, in den Fraktionen und im Plenum des Bundestages. Im Plenum sogar in drei Lesungen. Und jetzt? Eine halbe Stunde Debattenzeit im Plenum und der Verteidigungsminister hat sich für 20 Minuten in der Fraktion Die LINKE angemeldet. Das wird nie und nimmer die geforderte gründliche Beratung für einen Bundeswehreinsatz, bei dem Menschen Leben und Gesundheit verlieren können. In den Ländern, in denen diese Soldaten eingesetzt werden, oder auch das Leben dieser Soldaten selbst. Schmach und Schande auf eine Parlamentsmehrheit, die so mit dem Parlament umgeht.

Immer mehr höre ich: "Wozu brauchen wir eigentlich eine Regierung? Es geht ja auch so." Deutschland hat zwar eine amtierende Bundesregierung, die kein Mandat mehr hat, und über eine neue Regierung verhandeln SPD und die Union. Trotzdem, der Laden läuft weiter – nicht wie geschmiert, sondern wie im Leerlauf. Die Verwaltung ersetzt ein lebendiges Parlament und eine Regierung. Nur, wenn es einmal ganz kritisch wird, kommt der Einwand: "Das können wir nicht entscheiden. Wir sind ja nicht gewählt." Auch hier ein Beispiel: Der Bericht der alten Bundesregierung über Rüstungsexporte belegt dramatisch, wie tief Deutschland in den kriminellen Akt des Geschäftes mit dem Tod verwickelt ist. Der Bericht liegt vor, aber das gewählte Parlament kann ihn nicht diskutieren. Schluss damit! Der Bundestag muss sich seine Rechte zurückholen.

linksfraktion.de, 26. November 2013