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Eine Hand mit Handschuh hält einen Ziegelstein auf einer unvollständigen Wand mit frischem Mörtel © iStock/Bogdanhoda

Der Bund muss selber Wohnungen bauen

Im Wortlaut von Caren Lay, Berliner Zeitung,

Gastbeitrag von Caren Lay zur Immobilienpolitik

 

Der Bund ist einer der größten Grund- und Immobilienbesitzer. Man könnte meinen, mit diesem Besitz nimmt er den Druck von explodierenden Miet- und Bodenmärkten. Doch das Gegenteil ist der Fall. Seit 2014 hat die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima) ihren Wohnungsbestand halbiert. In den letzten vier Jahren wurden mindestens 34.000 Wohnungen privatisiert. Dieser eigentlich skandalöse Umstand ist leider ihr gesetzlicher Auftrag: Verkauf zum Höchstgebot. Dieses Privatisierungsdogma beißt sich massiv mit der Erhaltung und Bereitstellung bezahlbarer Wohnungen und einer sozialen Bodenpolitik.

Im Zuge des Flüchtlingsgipfels und unter großem politischen Druck wurde 2015 die verbilligte Abgabe von bundeseigenen Grundstücken an Kommunen – zu Zwecken des sozialen Wohnungsbaus – durchgesetzt. Doch von den 1475 Liegenschaften, welche die Bima im letzten Jahr verkaufte, gab sie lediglich sieben verbilligt ab. Nur 334 Sozialwohnungen sollen auf diesen Flächen entstehen. Das entspricht knapp 0,5 Prozent der jährlichen Verkäufe. Die „Verbilligungs“-Richtlinie hat sich als Rohrkrepierer erwiesen. Die Kommunikation zwischen Bund und Kommunen stimmt nicht. Und nicht in jeder Kommune gibt es – wie in Berlin – bereits ein Umdenken zugunsten einer sozialen Wohnungspolitik. Seit langem ist die Praxis der Bundesanstalt in der Kritik und Gegenstand parlamentarischer ebenso wie außerparlamentarischer Opposition. Wir fordern als Linksfraktion die Abkehr vom Höchstpreisgebot.

Der Bund darf nicht weiter als Mietpreistreiber agieren

An vielen Orten gründen sich Initiativen, welche die Verkaufspraxis der Bima anprangern. Prominentestes Beispiel: der Kampf um das Dragoner-Areal in Berlin. Hinzu kommt: Die Bundesanstalt nutzt ihre rechtlichen Spielräume zulasten der Mieterinnen und Mieter voll aus. Sanierungsstau, Mieterhöhungen, Klagen – die bundeseigene Behörde greift auf alle schamlosen Gemeinheiten privater Wohnungskonzerne zurück. Seit 2014 gab es über 18.000 Mieterhöhungen in den bundeseigenen Wohnungen. Die vormals günstigen Mieten werden erhöht soweit es geht und überschreiten in vielen Fällen sogar die ortsüblichen Vergleichsmieten. Das treibt auch die Mietspiegel nach oben. Immer weniger Menschen können sich die explodierenden Mieten leisten. Werden die Mieterhöhungen nicht akzeptiert, zieht die Bima vor Gericht alle Register. Inzwischen organisieren sich betroffene Mieterinnen und Mieter gegen diese Praxis des Bundes als Vermieter.

Es ist inakzeptabel, dass der Bund mit seiner Liegenschaftspolitik weiterhin als Mietpreistreiberin agiert und im Immobiliengeschäft mitspekuliert anstatt seiner Verantwortung für bezahlbaren Wohnraum ausreichend nachzukommen. Das muss sich dringend ändern. Die Bundesbehörde Bima sollte eine Vorbildfunktion einnehmen und für eine sozial ausgewogene Vermietungspraxis stehen. Deshalb muss der politische Auftrag der Bima dringend geändert werden – hin zu einer sozialen Wohnungspolitik im Sinne von Mieterinnen und Mietern.

4,5 Millionen Sozialwohnungen fehlen

Insgesamt sollten bundeseigene Grundstücke und Gebäude zukünftig nur noch an Kommunen und Genossenschaften abgegeben werden – und das zum Verkehrswert. Oder: Der Bund baut selbst. Das ginge wahrscheinlich schneller. Erst kürzlich hat – ausgerechnet – das Land Bayern die Gründung einer staatlichen Wohnungsbaugesellschaft angekündigt. Eine späte Einsicht, nachdem Bayern noch bis vor wenigen Jahren selbst privatisierte, aber immerhin.

Warum gehen wir diesen Weg nicht auch auf Bundesebene? Derzeit fehlen ca. 4,5 Millionen Sozialwohnungen, etwa 50.000 Wohnungen fallen jährlich aus der Bindung. In besonders angespannten Lagen, wie in Berlin, sind die Baulandpreise in den letzten fünf Jahren durch massive Spekulationen bis zu 1000 Prozent gestiegen.

Mehr Geld für Stadtplaner, weniger für Heimatschutz

In Gebieten mit angespannten Mietmärkten hält allein die Bima 20.000 bundeseigene Wohnungen. Die Hälfte davon befinden sich in den sieben größten Städten mit besonders hohen und weiterhin stark steigenden Miet- und Grundstückspreisen: Berlin, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Stuttgart und München. Allein in diesen Städten verfügt die Immobilienanstalt über 970 unbebaute Grundstücke – 230 Hektar. Bundesweit sind es 87.000 Hektar. Viele davon eignen sich zur Bebauung. Ein enormes Potenzial!

Was wäre, wenn der Bund abkehrte von seiner mietpreistreibenden Liegenschaftspolitik nach Marktkriterien? Wenn er die Privatisierungen grundsätzlich stoppte? Und wenn er sich stattdessen auf eine soziale Mietenpolitik und auf sozialen Wohnungsbau in Kooperation mit den Kommunen verlegen würde?

Dann könnte die Bima zum Beispiel bezahlbaren Wohnraum für viele Zehntausende bauen – mit langer Sozialbindung und demokratischer Mitbestimmung. Die 4580 Bundeswohnungen allein in Berlin könnten in gutem Zustand bei bezahlbaren Mieten unterhalten werden. Eine schöne Vorstellung! Anstatt 100 neue Stellen im Bereich Heimatschutz zu schaffen, wäre das Geld bei 100 neuen Stadtplanern und Architektinnen deutlich besser angelegt.

Berliner Zeitung,