Zum Hauptinhalt springen

Dem Syrien-Sondergesandten eine Chance geben

Im Wortlaut von Heike Hänsel,

Von Heike Hänsel, Vorsitzende des UNO-Unterausschusses des Deutschen Bundestages und entwicklungspolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE




Als Vorsitzende des UNO-Unterausschusses des Deutschen Bundestages hielt ich mich vergangene Woche mit einer Delegation im Rahmen der Generalversammlung der Vereinten Nationen in New York auf. Gerade als wir mit UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon und dem neuen Sondergesandten für Syrien, Lakhdar Brahimi, sprechen konnten, traf die Nachricht über türkisch-syrische Angriffe in der Grenzregion ein.

Beide sprachen sich für ein sofortiges Ende der Gewalt aus und forderten Syrien und die Türkei auf, eine weitere Eskalation zu verhindern. Brahimi machte deutlich, dass sein oberstes Ziel sei, die Gewalt zu stoppen und dass mittlerweile die syrische Regierung zu einem Waffenstillstand bereit wäre, allerdings die bewaffneten aufständischen Gruppen nicht.

Aufgrund der katastrophalen humanitären Situation – mehr als 2 Millionen Menschen sind innerhalb des Landes auf der Flucht und benötigen dringend humanitäre Hilfe – fordert Brahimi die internationale Gemeinschaft auf, auch gerichtet an die Bundesregierung, mehr Geld für die Hilfe zur Verfügung zu stellen. Es fehlten noch 60% der notwendigen Gelder. Er machte deutlich, dass es keine militärische Lösung dieses Konfliktes gebe, sondern nur eine Verhandlungslösung, die alle verschiedenen Ethnien und Religionsgruppen in Syrien einbezieht.

Brahimi sagte, es sei für die UN in dem Konflikt sehr schwierig, Meldungen über Angriffe und Tote der jeweiligen Seite zu überprüfen, da nur wenige verlässliche Quellen noch in Syrien selbst seien und Kriegspropaganda mit falschen Bildern aus anderen Konfliktregionen, z.B. Libyen, betrieben würde. Das syrische Regime habe ihm gegenüber eine Untersuchung der Angriffe auf ein türkisches Dorf in der Grenzregion angekündigt, bei der fünf Zivilsten getötet wurden. Die massive militärische Intervention der NATO 2010 in Libyen habe zu einem großen Misstrauen im UN-Sicherheitsrat zwischen China, Russland und auch Brasilien auf der einen und den USA, Frankreich und Großbritannien auf der anderen Seite geführt, die sich getäuscht sähen. Deshalb sei nun eine Verständigung  nur schwer möglich. Die finanzielle Unterstützung und Aufrüstung der bewaffneten Rebellen, z.B. durch Saudi-Arabien, Katar und die Türkei sei kontraproduktiv für jede politische Lösung. Lakhdar Brahimi will sich für neue Verhandlungen mit allen Nachbarstaaten Syriens einsetzen. Dazu muss auch der Iran einbezogen werden, um zu vertrauensbildenden Maßnahmen in der Region zu kommen.

Ich fordere die Bundesregierung auf, sich nicht an einer weiteren Eskalation zu beteiligen und sich im Nato-Bündnis klar gegen jede militärische Intervention in Syrien auszusprechen und der politischen Mission des Syrien-Sondergesandten Brahimi eine ernsthafte Chance zu geben, da sonst die reale Gefahr eines regionalen Flächenbrands besteht.


linksfraktion.de, 5. Oktober 2012