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De Maizìeres Drohnen-Desaster

Im Wortlaut von Jan van Aken,

Von Jan van Aken, außenpolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag




In diesen Tagen überschlagen sich die dramatischen Drohnenmeldungen: Eine halbe Milliarde Euro wurde in die Aufklärungsdrohne "Euro Hawk" versenkt, von deutschem Boden steuern die Amerikaner ihre Killerdrohnen in Somalia, und die Bundesregierung spricht sich für die Anschaffung von Kampfdrohnen und damit für eine weltweite, noch enthemmtere Kriegsführung aus.

Heute hat Verteidigungsminister Thomas de Maizìere seinen Bericht über den "Euro Hawk" vorgelegt. Sein Fazit: Schuld sind immer die Anderen. Gescheitert sei das "Euro Hawk"-Projekt, weil es 2004 (zur Erinnerung: damals regierte Rot-Grün) "Geburtsfehler" gab. Richtig ist natürlich, dass auch die SPD und die Grünen immer für die Anschaffung der Überwachungsdrohnen waren. Richtig ist, dass wir Rot-Grün dafür auch immer kritisiert haben. Aber jetzt alle Schuld auf Rot-Grün zu schieben und sich gar nicht an die eigene Nase zu fassen, ist etwas billig. Denn de Maizìere war schon Verteidigungsminister, als die Spitze des Verteidigungsministerium am 8. Februar 2012 über die großen Risiken des "Euro Hawk"-Projekts informiert wurde.

Schuld schiebt der Minister auch auf seine Mitarbeiter, weil er zu spät informiert worden sei. Aber was ist das für ein Minister, der nicht sicherstellen kann, dass er über Risiken in Höhe mehrerer hundert Millionen regelmäßig und rechtzeitig informiert wird? Offensichtlich hat der energische Herr Maizìere seinen Laden nicht im Griff.

Kampfdrohnen führen zu einer Ausweitung von Kriegen

Aber wo genau de Maizìere wirklich steht, wird an einem anderen Punkt deutlich: Er findet es ausdrücklich richtig, dass das "Euro Hawk"-Projekt erst jetzt gestoppt wurde, obwohl schon vor 15 Monaten klar war, dass es scheitern wird. Er behauptet, der Schaden wäre noch größer gewesen, wenn die Reißleine schon im Sommer 2012 gezogen worden wäre. Der Grund für seine etwas verquere Logik ist ebenso simpel wie perfide: damit in der Zwischenzeit der Rüstungskonzern EADS noch die Aufklärungstechnologie ISIS zu Ende entwickeln konnte. Im Klartext: Es wurden weitere Steuermillionen versenkt, damit eine Privatfirma ein Produkt fertigstellen kann, das sie dann privat vermarkten kann.

Hier wiederholt sich das gleiche Muster wie bei de Maizìeres Unterstützung für deutsche Rüstungsexporte: Er ist der Minister der Rüstungsindustrie, er ist der Minister der weltweiten Kriegseinsätze der Bundeswehr. Denn wofür braucht die Bundeswehr den "Euro Hawk"? Das sind Überwachungsflieger mit tausenden Kilometern Reichweite, um deutsche Soldaten in ihrer Kriegsführung am Boden zu unterstützen. Da reihen sich die "Euro Hawks" nahtlos in die andere Entscheidung de Maizìeres ein, künftig die Bundeswehr sogar mit Kampfdrohnen auszurüsten.

Damit würde Deutschland eine ganz neue Form der Kriegsführung einführen, denn Kampfdrohnen führen unweigerlich zu einer Ausweitung von Kriegen, zu einer Enthemmung bei der Anwendung von Gewalt. Bei de Maizìere hört es sich immer recht simpel an: Wenn ein Kampfflugzeug mit Pilot eingesetzt wird, riskiert der Pilot sein Leben. Wenn das gleiche Flugzeug ohne Pilot losgeschickt wird, werden damit die Soldaten geschützt. Das klingt logisch, ist aber schlichtweg falsch. Denn die Kampfdrohnen ersetzen ja nicht bemannte Kampfflugzeuge. Im Gegenteil, damit werden völlig neue Angriffe geflogen, die es ohne Kampfdrohnen gar nicht gäbe. Wer Maschinen für sich kämpfen lässt, entscheidet sich schneller zum Angriff, entscheidet sich schneller, andere Menschen zu töten, eben weil sie aus sicherer Entfernung bedient werden.

Tödliche Drohneneinsätze der Amerikaner von deutschem Boden

Das ist keine graue Theorie, sondern das ist – leider – schon ganz alltägliche Praxis, bei den USA. Seit die Amerikaner Kampfdrohnen einsetzen wurden schon mehr als 3000 Menschen weltweit mit diesen Drohnen getötet. Diese gezielten Tötungen sind völkerrechtswidrig, denn mit Ländern wie Somalia, Pakistan oder Jemen sind die USA nicht im Krieg, es ist schlichtweg Mord – oder eine Todesstrafe ohne Gerichtsverfahren und Urteil – Menschen in diesen Ländern gezielt zu töten.

Jetzt mussten wir erfahren, dass die tödlichen Drohneneinsätze der Amerikaner von deutschem Boden aus geführt werden, die Drohnen-Piloten sitzen bei Africom, dem Afrika-Kommando der US-Streitkräfte in Stuttgart und Ramstein. Damit verstoßen diese gezielten Tötungen nicht nur gegen das Völkerrecht – die Bundesregierung macht sich auch strafbar, wenn sie diese gezielten Tötungen von deutschem Boden nicht stoppt. Denn nach dem Grundgesetz sind "Handlungen, die geeignet sind, das friedliche Zusammenleben der Völker zu stören", verfassungswidrig.

DIE LINKE prüft jetzt die Möglichkeiten einer Klage gegen die Bundesregierung wegen der gezielten Tötungen. Wir lehnen die Anschaffung von Kampfdrohnen ab und wollen ihr weltweite Ächtung. Und wir wollen lieber Kitas statt Killerdrohnen. Nicht nur die Verschwendung der Steuermillionen beim "Euro Hawk" sind ein Skandal, sondern auch die Anschaffung als solche. Die LINKE war von Anfang gegen die Anschaffung der Drohnen, weil wir gegen die weltweiten Kriegseinsätze der Bundeswehr sind. Und weil das Geld wirklich sehr viel sinnvoller ausgegeben werden kann.


linksfraktion.de, 5. Juni 2013