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Datendiebstahl bei der Jobbörse zu lange ignoriert

Im Wortlaut von Jessica Tatti,

Der SWR hatte Anfang Mai die Betrugsmasche von Datendieben bei der Jobbörse aufgedeckt, die das Online-Stellenportal auf kriminelle Weise missbraucht hatten: Sie erschlichen sich mit gefälschten Stellenanzeigen Bewerberdaten, um diese illegal weiterzuverkaufen. Auf Antrag der Fraktion DIE LINKE hat die Bundesregierung vergangenen Mittwoch im Ausschuss für Arbeit und Soziales über den aktuellen Stand berichtet. Jessica Tatti, Sprecherin der Fraktion für Arbeit 4.0, fasst die Ergebnisse zusammen und ordnet sie ein.

Das Ausmaß des Datendiebstahls ist erschreckend

Die Bundesregierung und die Bundesagentur für Arbeit (BA) gaben an, dass mittlerweile zwölf Anbieter gesperrt wurden, weitere könnten folgen. Nach jetzigem Stand handelt es sich um 120.000 Stellen beziehungsweise 32.000 betrügerische Stellenanzeigen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte wurde über den Vorfall informiert. Zudem wurde Strafanzeige erstattet und die Staatsanwaltschaft eingeschaltet.

„Das Verhalten der Bundesregierung und der Arbeitsagentur war fahrlässig“

Einer der zentralen Kritikpunkte im Ausschuss war die Tatsache, dass die Bundesregierung und die BA über Jahre hinweg untätig blieben, obwohl bereits 2009 ein ähnlicher Fall bekannt wurde und entsprechende Hinweise zum Missbrauch der Jobbörse vorlagen. Statt den Schutz der Arbeitsuchenden ernst zu nehmen, wurde das Problem heruntergespielt: Wie die Antwort der Bundesregierung (PDF) auf meine Kleine Anfrage und auf meine Nachfrage (PDF) vom vergangenen Jahr belegt, sah die Bundesregierung keinen Handlungsbedarf. Jetzt zeigt sich, dass das Verhalten der Bundesregierung und der Arbeitsagentur fahrlässig war: Unzählige Bewerber*innen wurden über Jahre hinweg durch Betrüger getäuscht. Die Betroffenen wissen nicht, in wessen Hände ihre persönlichen Daten gelangten und noch gelangen werden.

Eine meiner dringlichsten Fragen am Mittwoch war, ob sich Arbeitsuchende unter Sanktionsandrohung auf diese gefälschten Stellen bewerben mussten. Dies wurde von der BA ausgeschlossen. In allen Betrugsfällen habe es sich ausschließlich um sogenannte "unbetreute" (also ungeprüfte) Stellenangebote von privaten Arbeitsvermittlern gehandelt. Laut Aussage der BA seien diese nicht sanktionsfähig.

Allerdings sei es für Arbeitsuchende auf dem Jobbörse-Portal nicht erkennbar, ob Stellenangebote betreut oder unbetreut sind - ein Umstand, der im Ausschuss scharf kritisiert wurde. Die BA gab in der Berichterstattung an, derzeit zu prüfen, ob eine entsprechende Kennzeichnung zukünftig vorzunehmen sei, oder ob unbetreute Stellenagebote, z.B. von privaten Arbeitsvermittlern, herausgefiltert werden sollen.

"Dass die Betroffenen nicht informiert wurden, ist für mich völlig unverständlich"

Für mich völlig unverständlich: Bislang hat die BA die Nutzer*innen der Jobbörse nicht über den möglichen Datendiebstahl informiert. Da persönliche Daten von Bewerber*innen entwendet wurden, sehe ich die BA hierzu in der Pflicht. Auch eine ehrliche Entschuldigung wäre ein guter Anfang.

Die BA sicherte im Ausschuss zu, das Jobbörse-Portal verbessern zu wollen, um das Missbrauchsrisiko in Zukunft einzudämmen. Algorithmen sollen weiterentwickelt werden, um Betrüger besser identifizieren zu können. Auch die AGBs sollen überarbeitet werden. Eine Aufstockung von Personal zur manuellen Kontrolle wollte die BA noch nicht bestätigen.

Mein Eindruck war, dass das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sowie die BA die Vorkommnisse sehr ernst nehmen. Ich hoffe, dass dies auch so bleibt, wenn die mediale Aufmerksamkeit nachlässt.

Unangemessen fand ich, dass manche Kollegen der Koalition meinten, die BA vor unangenehmen Fragen in Schutz nehmen zu müssen. Ich finde vielmehr, dass endlich die Nutzer*innen der Jobbörse in Schutz vor Betrügern genommen werden müssen.

Die Fraktion DIE LINKE erwartet, dass alle erkennbaren Sicherheitslücken in den Angeboten der Bundesagentur für Arbeit geschlossen werden und dass die BA alles in ihrer Macht stehende tut, um die Jobbörse sicher zu machen. Schließlich ist sie ein unverzichtbares Instrument zur Arbeitsuche. Die Jobbörse darf Kriminellen keine Plattform mehr bieten.

Die Bundesregierung kündigte an, zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal den Sachstand im Ausschuss zu berichten. Darauf werden meine Fraktion und ich auch mit Nachdruck bestehen.