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Das Zwei-Klassen-Internet verhindern

Im Wortlaut von Anke Domscheit-Berg,

Von Anke Domscheit-Berg

Das Internet ist in Gefahr – zumindest das Internet, wie wir es kennen. Wir sind drauf und dran, das Internet als Medium für alle zu verlieren. Schuld sind die Profitinteressen einiger weniger Konzerne. Sie wollen das Mitmach-Internet in ein "Geldmach-Internet" verwandeln. Herauskommen wird ein Zwei-Klassen-Internet, in dem diejenigen, die wenig besitzen nur noch Basis-Funktionen, und diejenigen, die bereit sind, Geld locker zu machen, alle Funktionen nutzen können. In diesem Internet wird man für jede einzelne Funktion wie E-Mails, Chats, soziale Netzwerke, Video- oder Audio-Streaming extra bezahlen. Bisher war dies nicht möglich, weil das Gebot der Netzneutralität genau das verhinderte. Netzneutralität bedeutet, dass alle Daten, die durch das Internet geleitet werden, gleich behandelt werden. Dabei ist es egal, was für Daten dies sind und woher sie kommen. Es war daher nicht erlaubt, bestimmte Daten schneller durch das Internetkabel zu führen als andere oder sie gar komplett zu blocken.

Doch die Netzneutralität ist seit einiger Zeit in Gefahr und nun sieht es so aus, als sei sie bald endgültig Geschichte. Nachdem die EU vor zwei Jahren eine zweifelhafte Verordnung verabschiedete, die die Netzneutralität de facto aushebelte, steht die USA nun kurz davor, sie sogar gänzlich abzuschaffen. Dabei wurde sie erst unter Obama gesetzlich verankert. Doch unter Trump soll diese Regelung nun zurückgenommen werden. Die Auswirkungen der EU-Verordnung sind schon jetzt zu spüren, eine Entscheidung der USA gegen die Netzneutralität würde diese Entwicklung weiter beschleunigen.

Ungezähmte Marktmacht

Wenig überraschend ist die Telekom eine der ersten, die versucht, die Schlupflöcher der EU-Verordnung zu nutzen. Mit ihrer sogenannten StreamOn-Option rechnet der Konzern bestimmte Musik- und Videostreaming-Dienste nicht auf das monatliche Datenvolumen an. Für Kund*innen mag das zunächst sehr praktisch klingen, müssten sie sich doch dann keine Gedanken mehr machen, wie viele Daten ein Streamingdienst verbraucht und könnten ihn endlos nutzen. Doch am Ende des Tages wird das für die Kund*innen ein teures Geschäft. Denn natürlich lässt sich die Telekom diesen Service gut bezahlen.

Der nächste Schritt ist auch nicht weit, und die Telekom lässt sich künftig dafür bezahlen, dass bestimmte Dienste überhaupt genutzt werden können. Hinzu kommt, dass nicht alle Streamingdienste in diesem Angebot eingeschlossen sind. Es sind nur große und bekannte – eben die, die finanziell in der Lage sind, an die Telekom zusätzliches Geld für diese Bevorzugung zu bezahlen. Kleineren Anbietern und Start-ups wird es damit noch schwerer gemacht, gegen die großen anzukommen. Das führt letztlich dazu, dass die Großen noch größer werden und sie somit quasi konkurrenzlos die Preise diktieren können. Und diese Preise zahlen dann natürlich die Kund*innen – wenn sie es sich denn leisten können. Auch deshalb ist es schwer verständlich, dass die Bundesnetzagentur trotz massiver Kritik diese Art der Bevorzugung grundsätzlich erlaubt hat.

Welches Internet wollen wir?

Der Kampf um die Netzneutralität ist ein Kampf darum, welches Internet wir künftig wollen. Wollen wir ein Internet für alle oder ein Internet für die, die viel Geld haben? Ich will ganz klar ein Internet für alle. Egal wie die USA letztlich entscheiden, der Kampf ist noch lange nicht zu Ende.