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»Das Leben darf nicht nur um die Arbeit kreisen«

von Bernd Riexinger,

Sie fordern ein neues Normalarbeitsverhältnis. Was verbirgt sich dahinter?

Bernd Riexinger: Heutzutage wird der Arbeitsalltag viel zu vieler Beschäftigter geprägt von Niedriglöhnen und Dauerstress. Wir wollen die Arbeitswelt vom Kopf auf die Füße stellen. Normal muss sein, was den Menschen dient, nicht was dem Profit der Unternehmen nützt: Löhne, die für ein gutes Leben reichen, sichere Arbeit statt Befristungen und Leiharbeit, kürzere Arbeitszeiten statt Dauerstress.

 

Im Jahr 2016 haben die Beschäftigten in Deutschland rund 1,7 Milliarden Überstunden geleistet, den größten Teil davon unbezahlt. Wie wollen Sie das ändern?

Die Wochenhöchstarbeitszeit muss auf 40 Stunden gesenkt und die Mitbestimmung der Beschäftigten gestärkt werden, sodass mehr Personal eingestellt wird. Denn Dauerstress macht immer mehr Menschen krank. Aber unser Ansatz ist radikaler.

 

Inwiefern?

Wir wollen Arbeit gerecht verteilen. Aktuell sind über drei Millionen Menschen zu Arbeitslosigkeit verdammt, während andere Berge von Überstunden auftürmen. Egal ob Blaumann oder Krankenhauskittel, ob mit Wischmopp oder Laptop, sinnvoll wäre eine Wochenarbeitszeit von rund 30 Stunden. Das Ziel sind Arbeitszeiten, die mit der jeweiligen Lebensphase harmonieren, etwa wenn Kinder großgezogen oder Angehörige gepflegt werden.

 

Aber bereits heute haben 40 Prozent der Beschäftigten weniger Einkommen als vor 15 Jahren. Wie sollen sie zukünftig über die Runden kommen?

Wir kämpfen für Arbeitszeitverkürzung mit Lohnausgleich und für einen Mindestlohn von 12 Euro. Das Lohndumping durch Leiharbeit und Werkverträge gehört verboten, Tarifverträge müssen für alle Beschäftigten einer Branche gelten. Und Minijobs sollen durch sozial abgesicherte und unbefristete Arbeitsverträge mit 20 bis 30 Wochenstunden ersetzt werden. Davon würden auch alle Frauen profitieren, die gegenwärtig in Minijobs abgedrängt werden.

Interview: Ruben Lehnert

Bernd Riexinger ist Mitglied der Fraktion DIE LINKE