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»Das ist ein Wirtschaftskrieg«

Im Wortlaut von Sahra Wagenknecht,

Im Gespräch: Theano Fotiou (r.), gegenüber Sahra Wagenknecht 


Von Sahra Wagenknecht, Erste Stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag


„Wir müssen kämpfen. Es gibt keine Alternative“, sagt Theano Fotiou, SYRIZA-Abgeordnete und Vizeministerin für soziale Solidarität in einem Gespräch mit Abgeordneten der Linksfraktion, an dem neben mir Dieter Dehm, Sabine Zimmermann und Alexander Ulrich teilgenommen haben. In eindringlichen Worten schildert sie die katastrophale soziale Lage in Griechenland, entstanden durch die unsägliche Kürzungspolitik der Troika, umgesetzt von den konservativen und sozialdemokratischen Vorgängern der linken Regierung.

Die Syriza-Vertreterin berichtet, dass jedes dritte Kind in Armut lebt und viele hungern müssen. Es komme sogar vor, dass Kinder vor Schwäche in der Schule ohnmächtig werden. Daher organisiert ihr Ministerium nun Notversorgungen in den Schulen. In Folge des gigantischen Wirtschaftseinbruchs und der enorm gestiegenen Massenarbeitslosigkeit leben inzwischen 52 Prozent der griechischen Haushalte von den Pensionen der Großeltern. In der Not ist das Rentensystem zu einer quasi allerletzten Ersatz-Sozialhilfe mutiert. „Solche Zustände gibt es eigentlich nur im Krieg“, sagt Theano Fotiou und fügt hinzu: „Es ist nicht verkehrt zu sagen, dass wir unter einem Wirtschaftskrieg leiden.“

Auf die Verhandlungen mit den Geldgebern angesprochen, betont die Vizeministerin: „Wir werden bis zur letzten Sekunde versuchen, eine Lösung zu finden“. Aber sie unterstreicht auch, dass es eine Einigung mit den Institutionen aufgrund der katastrophalen Zustände nur dann geben könne, wenn dies auch ein Ende der Kürzungspolitik bedeutet. Voraussetzung für eine Einigung sind für sie dabei mindestens vier Punkte: 

  • Erstens niedrigere Primärüberschüsse, also eine geringere Differenz zwischen Steuereinnahmen und Staatsausgaben als bislang von den Institutionen gefordert. Nur so könne finanzieller Spielraum zur Linderung der Not entstehen. 
  • Zweitens keine weiteren Lohn- und Rentenkürzungen. 
  • Drittens die Anerkennung, dass die Schulden für Griechenland untragbar sind.
  • Und viertens keine weiteren sogenannten Hilfskredite und Anpassungsprogramme, sondern ein Investitionsprogramm zur Ankurbelung des Wachstums.

Theano Fotiou stellt klar: „Die Umsetzung dieser Punkte ist kein linkes Programm. Das ist ein Programm, um zu überleben!“ Theano Fotious Besuch ist ein eindringliches Plädoyer für eine andere Politik gegenüber Griechenland, eine Forderung, die DIE LINKE nachdrücklich von der Bundesregierung einfordert. Wir haben deutlich zum Ausdruck gebracht, dass sich SYRIZA beim Kampf um die Durchsetzung dieser Ziele der Solidarität und Unterstützung der Linksfraktion sicher sein kann.

linksfraktion.de, 19. Juni 2015