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Das böse Spiel der Angela Merkel

Im Wortlaut von Sahra Wagenknecht,

Griechenlands Ministerpräsident Tsipras und Bundeskanzlerin Merk bei der Pressekonferenz nach ihrem Gespräch am 23. März 2015 in Berlin, Foto: ddp images/Georg Hilgemann
 


Sahra Wagenknecht, Erste stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, zum Besuch des griechischen Ministerpräsidenten bei der deutschen Kanzlerin


Es ist ein böses Spiel, das Kanzlerin Merkel mit Griechenland treibt. Alexis Tsipras soll seine Wahlversprechen aufgeben, die brutalen Kürzungsdiktate der verhassten Troika umsetzen und das griechische Tafelsilber verramschen, so die unveränderte Position der Bundesregierung. Neu ist, dass Merkel eine gute Miene zu diesem bösen Spiel macht, Verständnis für die armen Griechen heuchelt und wieder einmal ihr „Scheitert der Euro, dann scheitert Europa“ zum Besten gibt, statt Griechenland offen mit dem Rauswurf aus der Eurozone zu drohen.

Von realer Kompromissbereitschaft kann dagegen keine Rede sein. So hat Merkel noch einmal unterstrichen, dass die griechischen Reformpläne von „den Institutionen“ bewertet würden und nicht Deutschland, sondern die Eurogruppe auf dieser Basis eine Entscheidung über die Auszahlung längst fälliger Kredittranchen treffen würde. Damit will Merkel von der eigenen Verantwortung für die humanitäre Katastrophe in Griechenland ablenken und die Schuld an einem möglichen „Graccident“ anderen in die Schuhe schieben. Außerdem kann eine unsoziale Politik mit dem Verweis auf europäische Regeln und Verträge viel besser als jener „Sachzwang“ dargestellt werden, gegen den man angeblich nichts ausrichten kann.

Nach wie vor zählt die Bundesregierung zu den radikalsten Einpeitschern der Erpressungspolitik gegenüber Griechenland - sowohl in der Eurogruppe als auch in der Europäischen Zentralbank. Im Gegensatz zur überwältigenden Mehrheit des Europäischen Parlaments und zu EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker hält Kanzlerin Merkel auch die Kontrollen der verhassten „Institutionen“ für unverzichtbar. Mehr noch: Ohne Frau Merkel hätte es die Troika in dieser Form nie gegeben, denn sie hat seinerzeit darauf bestanden, dass der Internationale Währungsfonds mit ins Boot geholt wurde, der im Umgang mit verschuldeten Ländern als besonders hart gilt.

Wie gnadenlos die Troika-Mafia in Athen weiterhin ihr Unwesen treiben darf, hat sich erst letzte Woche erneut gezeigt. So wollten die Institutionen die Verabschiedung eines Sozialprogramms verhindern, das die Not der Ärmsten über Essensmarken, Stromkontingente und Wohnbeihilfen etwas lindern soll. Als dieses mit einem Umfang von 200 Millionen Euro sehr bescheidene Programm trotzdem vom Parlament verabschiedet wurde, lief die Troika Sturm wegen des angeblichen Verstoßes gegen Verträge und Verpflichtungen.

Machen wir uns nichts vor: Einen „Merkel-Plan“ im Sinne eines Wachstums- und Beschäftigungsprogramms für Europa, eines Schuldenschnitts nach dem Vorbild der Londoner Schuldenkonferenz von 1953 sowie eine angemessene Entschädigung von Opfern der Nazi-Verbrechen wird es mit Merkel niemals geben. Nicht einmal eine griechische Reformliste, die Einnahmen durch höhere Steuern für Reiche und Bekämpfung der Korruption generieren und dafür auf weitere Sozialkürzungen verzichten will, wurde von Kanzlerin Merkel akzeptiert - mit der Folge, dass die Griechinnen und Griechen nun weitere Rentenkürzungen hinnehmen und höhere Steuern für Tabak und Alkohol abdrücken müssen. Auch der griechischen Tourismusindustrie soll ein Schlag versetzt werden: Wie im Kreditmemorandum gefordert, soll die Mehrwertsteuer für Hotels und Touristeninseln angehoben werden und es steht außerdem zu erwarten, dass die deutsche Fraport AG sich mit den griechischen Regionalflughäfen eine der letzten verbliebenen Cash-Cows unter den Nagel reißen darf.

Das ist Merkels Plan für Europa: Die Schulden sollen als Hebel genutzt werden, um einen Ausverkauf öffentlichen Eigentums zugunsten deutscher Konzerne zu organisieren. Große Banken und Oligarchen sollen sich weiter bereichern dürfen, während die Mittelschicht und die Verbraucher geschröpft werden, die Beschäftigten für weniger Geld länger arbeiten müssen, gewerkschaftliche und soziale Rechte geschleift werden und die Demokratie über Deregulierungsabkommen wie TTIP vollends zerstört wird. Unsere Aufgabe ist es, diesen Merkel-Plan zu durchkreuzen.