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Eine Arbeiterin mit Abwaschpaletten in einer gewerblichen Großküche © iStock/kali9

Corona-Hilfen: schnell und unbürokratisch

Im Wortlaut von Klaus Ernst, Alexander Ulrich,

Die Corona-Pandemie ist eine enorme Herausforderung für die gesamte Gesellschaft, doch die wirtschaftlichen Folgen fallen sehr unterschiedlich aus. So zeigt eine aktuelle Untersuchung der Hans-Böckler-Stiftung, dass Menschen mit niedrigem Einkommen deutlich häufiger finanzielle Verluste zu verkraften haben. Zudem sind bestimmte Branchen und Berufsgruppen besonders hart von den Maßnahmen zur Kontaktbeschränkung betroffen, etwa Solo-Selbständige, freischaffende Künstler sowie die Beschäftigten in der Gastronomie.

Natürlich ist es richtig, dass der Staat in dieser Situation viel Geld in die Hand nimmt, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Doch die Verteilungsgerechtigkeit ist dabei seitens der Bundesregierung komplett aus dem Blick geraten. Nun droht der zweite Shutdown ausgerechnet jene am härtesten zu treffen, die auch in den vergangenen Monaten am meisten unter der Krise zu leiden hatten. Deren Reserven sind aber längst aufgebraucht. Die Bundesbank warnt bereits vor einer gigantischen Insolvenzwelle.

Um diese zu verhindern reicht es nicht, erneut Milliarden in die Wirtschaft zu pumpen. Es muss dafür gesorgt werden, dass das Geld auch bei jenen ankommt, die es am dringendsten brauchen. Und zwar schnell und unbürokratisch! Dass von den bislang bereitgestellten Überbrückungshilfen in Höhe von knapp 25 Milliarden Euro trotz der akuten Notlage bisher nur eine Milliarde abgerufen wurde, zeigt, wie schlecht die staatlichen Hilfsprogramme bislang in der Praxis funktionieren.

Es muss dringend nachgebessert werden

Für die Überbrückungshilfen im zweiten Shutdown hat die Bundesregierung mit der Ankündigung, bis zu 75 Prozent des Umsatzausfalls auszugleichen, eine solide Diskussionsgrundlage geschaffen. Damit es diesmal in der Praxis besser klappt und die Insolvenzwelle abgewendet wird, muss aber dringend und deutlich nachgebessert werden. So ist nicht einzusehen, dass für kleine Unternehmer und Solo-Selbständige nur ein Teil des Umsatzausfalls ausgeglichen werden soll, nicht aber der eigene Lohn. Wir fordern daher, dass ein angemessener Unternehmerlohn von 1.200 Euro bezuschussungsfähig gemacht wird!

Andere wiederum hat die Bundesregierung überhaupt nicht auf dem Schirm. Zwar bekommen nach dem Willen der Bundesregierung viele Gastronomen einen guten Teil ihrer Umsatzausfälle ausgeglichen. Die oft schlecht bezahlten Angestellten in den Bars und Restaurant bleiben jedoch auf der Strecke. Ihnen bleibt weiterhin nur das Kurzarbeitergeld, mit dem massive Einkommensverluste einhergehen. Das Kurzarbeitergeld muss daher dringend auf mindestens 90 Prozent des Nettogehalts erhöht werden. Ebenso im Regen stehen lassen will die Regierung weite Teile des Einzelhandels, der zwar weiterhin öffnen darf, dem aber die Kunden fehlen, wenn die Menschen aufgefordert werden, zuhause zu bleiben und ringsherum die Cafés geschlossen sind. Auch hier muss unbedingt nachgebessert werden!

Unnötige bürokratische Hürden

Wir halten es darüber hinaus für inakzeptabel, dass die Hilfsbedürftigen nun mit unnötigen bürokratischen Hürden konfrontiert werden. Als hätten sie nicht schon genug Probleme. Warum will die Bundesregierung nur Anträge akzeptieren, die von registrierten Steuerberatern, Wirtschaftsprüfern und Rechtsanwälten gestellt werden? Zu verlangen, dass die bedrohten Kleinunternehmen nun erstmal die Honorarkosten für Dritte übernehmen, die den Antrag für sie stellen, ist realitätsfern! Es braucht daher eine vereinfachte und direkte Möglichkeit zur Antragsstellung.

Auch kann es nicht angehen, dass ein großer Teil der Betroffenen von den Hilfsprogrammen ausgeschlossen wird, weil ihr Umsatzeinbruch nicht groß genug ausgefallen ist. Die unverschämt hohen Hürden müssen gesenkt werden! Wir fordern, dass alle Unternehmen anspruchsberechtigt sind, deren Umsatz gegenüber dem Vergleichszeitraum im Vorjahr um mindestens 30 Prozent zurückgegangen ist.

Komplett übersehen hat die Bundesregierung außerdem offenbar die Belastung kleiner Unternehmen durch hohe Fixkosten wie Gewerbemieten und Leasingraten. Derartige Kosten müssen um 30 Prozent abgesenkt werden können, wenn ein Unternehmen pandemiebedingt mit Umsatzverlusten in Höhe von mindestens 30 Prozent konfrontiert ist. Dieser Absenkungsanspruch sollte auf 50 Prozent steigen, wenn das betroffene Unternehmen einem behördlich angeordneten Lockdown unterliegt. Sonst werden am Ende nur ein paar Leasingkonzerne subventioniert, während ihre Kunden pleitegehen. 

Es gibt also noch sehr viel nachzubessern, wenn die staatlichen Hilfsprogramme in diesem Winter halten sollen, was sie versprechen. Nicht zuletzt deshalb ist es so wichtig, dass die Parlamente bei der Ausgestaltung der Corona-Maßnahmen stark eingebunden werden und eine zentrale Rolle spielen!