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Frische Lebensmittel in einer Abfalltonne

Containern ist kein Verbrechen!

Nachricht von Niema Movassat,

Der Rechtsausschuss des Deutschen Bundestages hat eine Sachverständigenanhörung zum Antrag der Fraktion DIE LINKE „Containern von Lebensmitteln Entkriminalisieren“ durchgeführt. So wie 86 Prozent der Menschen in Deutschland hält die Linksfraktion das Verbot, noch genießbare Lebensmittel aus Abfalltonnen von Supermärkte zu entnehmen („Containern“), für falsch. Die Kriminalisierung von Lebensmittelretterinnen und -rettern ist, wie es eine Sachverständige treffend ausdrückte, ein Skandal. Niema Movassat, verfassungspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE, erklärt:

„Lebensmittelrettern gebührt Dank, keine Strafe. Es ist eine große Ungerechtigkeit, dass Menschen in Zeiten von Klimawandel und Ressourcenverschwendung kriminalisiert werden, wenn sie weggeworfene Lebensmittel retten. Niemandem wird geschadet, wenn Lebensmittel aus einer Supermarktmülltonne gerettet werden. Vielmehr ist die Entnahme noch genießbarer Lebensmittel ein Beitrag zum Ressourcenschutz. Die Strafverfolgung von Menschen, die Lebensmittel retten, ist absurd.“

Die Rechtslage

Nach geltendem Recht macht sich, wer sich weggeworfene Lebensmittel aneignet, wegen Diebstahls strafbar. Viele Strafverfahren wegen „Containerns“ werden von den Strafverfolgungsbehörden bereits jetzt eingestellt. Jedoch haben die Betroffenen unter Umständen die Kosten des Strafverfahrens zu tragen. Und – wie der Fall zweier Aktivistinnen, die dieses Jahr bis vor das Bundesverfassungsgericht gezogen sind, beweist – auch Verurteilungen wegen „Containerns“ kommen in der Praxis vor. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Bundestag den Ball zugespielt: die Frage der Strafbarkeit des „Containerns“ hat der Gesetzgeber zu entscheiden.

Die Anhörung

Die Sachverständigenanhörung des Rechtsausschusses hat gezeigt, dass der Unrechtsgehalt des „Containerns“ von sehr gering bis nicht vorhanden einzuschätzen ist. Vielmehr handelt es sich bei der Lebensmittelverschwendung angesichts von Ressourcenknappheit und Klimawandel um ein sozialwidriges Verhalten. Unter den Sachverständigen herrschte Einstimmigkeit, dass hiergegen mehr unternommen werden muss.

Doch bis Maßnahmen und Gesetze gegen Lebensmittelverschwendung und Überproduktion in Deutschland greifen können, wird noch einige Zeit vergehen. Bis dahin schafft eine Entkriminalisierung des „Containerns“ für alle Beteiligten wirklich Rechtssicherheit. Eine Entkriminalisierung durch Regelungen im Strafgesetz- und Bürgerlichem Gesetzbuch verhindert nämlich, dass die Strafverfolgung von Lebensmittelretterinnen und -retter von Erlassen und Verordnungen der Justizministerien oder dem guten Willen der Staatsanwaltschaften abhängt.

Die von den Kritikerinnen und Kritiker einer Entkriminalisierung vorgebrachten Argumente beziehen sich derweil hauptsächlich auf systematische Bedenken. Eine Entkriminalisierung sei dem Gesetz fremd. Die bestehende Rechtslage sei gut, wie sie ist. Dabei konnte die Fragen, inwieweit die Rettung von Lebensmitteln aus dem Müll, ein Unrecht darstellt, dass mit dem Strafrecht als schärfster Sanktion des Staates verfolgt werden muss, nicht überzeugend beantwortet werden.

Viel mehr hat die Sachverständige Prof. Dr. Annika Dießner – wie schon in ihrer Stellungnahme – aufgezeigt, dass das „Containern“ von Lebensmitteln kein strafbares Unrecht darstellt. Dem steht vor allem Artikel 20a Grundgesetz entgegen, nach dem der Staat die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen hat. Es ist widersprüchlich, wenn der Staat den Auftrag hat, gegen Ressourcenverschwendung vorzugehen, aber gleichzeitig Menschen bestraft, die – wie es beim „Containern“ der Fall ist – genau dies tun.

DIE LINKE im Bundestag bleibt dabei: Containern ist kein Verbrechen!

Die Anhörung hat uns in unserer Ansicht bestärkt. Auch wenn das Containern nur einen kleinen Beitrag zum Kampf gegen Lebensmittelverschwendung beiträgt, so darf dieser sozialerwünschte Kampf nicht weiter unter der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung geschehen. Wer genießbare Lebensmittel vor der Vernichtung rettet, gehört von der Gesellschaft gedankt, nicht bestraft. Allein aus traditionellen, gesetzessystematischen Gründen an einer formalen Eigentumsposition an weggeworfenen Lebensmitteln festzuhalten, ist nicht mehr zeitgemäß. Containern ist kein Verbrechen.