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Bundesregierung duldet US-Spionagefirmen

Im Wortlaut von Martina Renner,

 

Von Martina Renner, für DIE LINKE Mitglied im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages

 

Das ZDF hat Ende Oktober in seiner Sendung Frontal 21 über eine Liste mit 100 US-Firmen berichtet, die seit 2011 in Deutschland für das US-Militär arbeiten. Auf Anfrage, was die vielen Angestellten privater Firmen auf dem Gelände der USA auf deutschem Boden machen, erfährt das ZDF: nichts.

Das wäre soweit noch Angelegenheit der USA, aber es ist nicht akzeptabel, dass diese Firmen von Deutschland aus im Auftrag der USA Massenüberwachung betreiben – genau das, was wir aktuell im NSA-Untersuchungsausschuss aufzuklären versuchen.

PRISM als Einstellungsvoraussetzung

Die Recherche hat zutage gefördert, dass bei diesen Firmen Menschen arbeiten, in deren Auftragsprofil explizit enthalten ist, bestimmte Massenüberwachungs-Programme anwenden zu können. Genannt wird PRISM, eins der ersten Programme, von dem wir durch Edward Snowden erfuhren. Mit dieser ersten Veröffentlichung über die Snowden-Dokumente wurde im Juni 2013 erstmals deutlich, in welchem Ausmaß illegal weltweit überwacht wird. Mit PRISM werden große Mengen von Daten ausgewertet, Zielpersonen gesucht und in Echtzeit beobachtet, wenn sie in den Datenmassen auftauchen. Mit PRISM werden die NutzerInnen-Daten der großen Internet-Firmen ausgewertet, darunter Facebook, Google, Apple, Skype und YouTube.

Wenn die Vertragsfirmen etwa am US-Standpunkt AFRICOM, also dem Hauptquartier des Afrika-Kommandos in den Kelley-Barracks in Stuttgart, arbeiten, können wir nicht ausschließen, dass von hier aus Drohnenangriffe geplant und durchgeführt werden. Nach Recherchen der Süddeutschen Zeitung im letzten Jahr wird über jeden US-Drohnenangriff in Afrika in Stuttgart entschieden.

Verfassungschutz ohne Erkenntnisse?

Die USA dürfen die US-Firmen nicht ohne Zustimmung der deutschen Regierung in Deutschland beschäftigen. Deswegen gibt es mindestens 44 Verträge, denen die Bundesregierung in sogenannten Verbalnoten zugestimmt hat. Wie immer lautet die Standardformel, dass sich die Firmen an deutsches Recht halten. Der Verfassungsschutz "hat keine Erkenntnisse, dass sie gegen deutsche Interessen in Deutschland tätig sind."

Das bedeutet anscheinend, dass der Verfassungsschutz und damit die Bundesregierung  der Meinung sind, dass es nicht gegen deutsche Interessen verstößt, wenn von Deutschland aus Massenüberwachung mit dem möglichen Ziel betrieben wird, in Afrika und im Nahen/Mittleren Osten Menschen mittels Kampfdrohnen zu ermorden. Ich sehe das ganz anders: selbstverständlich verstößt der Drohnenkrieg gegen deutsche Gesetze, gegen Völkerrecht und die Genfer Kriegsrechtskonvention. Deren Einhaltung muss an erster Stelle stehen und nicht jenseits des Rechtsstaates formulierte politische und militärische Interessen. 

Bundesregierung vergibt Aufträge an Snowdens Ex-Arbeitgeber

Aber das ist noch nicht alles. Die Bundesregierung toleriert die Firmen, indem sie den Verträgen zustimmt, aber  darüber hinaus vergibt sie auch selbst Aufträge an einige der Firmen. Booz Allan Hamilton, der Arbeitgeber von Edward Snowden bis zum Juni letzten Jahres, bekommt Millionenbeträge. Tochterfirmen von CSC ebenfalls. Wie wahrscheinlich ist es, dass hier keine Informationen an die NSA fließen, wenn diese Firmen doch gleichzeitig auch für den amerikanischen Geheimdienst arbeiten? Ich halte das für mindestens grob fahrlässig, aber eigentlich müssen wir wohl vermuten, dass die Bundesregierung auch hier Bündnistreue höher bewertet als deutsche Gesetze.
 

linksfraktion.de, 31. Oktober 2014