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Bundesregierung blockiert Richtungswechsel in der EU-Flüchtlingspolitik

Im Wortlaut von Ulla Jelpke,

Von Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag






Auf Drängen der italienischen Regierung ist der Umgang mit Asylsuchenden an den europäischen Außengrenzen Thema des EU-Gipfels an diesem Freitag in Brüssel. Gemeinsam mit Griechenland und Malta will der italienische Ministerpräsident Enrico Letta die Verteilung der Flüchtlinge in der EU zum Thema machen. Bislang müssen Asylsuchende in dem Land bleiben, in dem sie zuerst den Boden der EU betreten haben. So will es die erst in diesem Sommer überarbeitete Dublin-Verordnung (Dublin III). Italien, Malta, Zypern und Griechenland liegen an jenen Routen, über die circa 90 Prozent der Migrantinnen und Migranten auf dem See- oder Landweg in die EU einreisen. Sie wollen deshalb konkrete Zusagen der anderen Mitgliedsstaaten, wie die Lasten der Aufnahme von Asylsuchenden solidarischer verteilt werden können.

Bundesregierung hält an inhumaner Flüchtlingspolitik fest

Auslöser der aktuellen Debatte ist die Havarie eines Flüchtlingsschiffs vor der Insel Lampedusa am 3. Oktober, die 360 Menschen das Leben gekostet hat. Unmittelbar danach wurde die Forderung nach einer grundlegenden Reform des Dublin-Systems laut – und wurde ebenso prompt von Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) zurückgewiesen. Die bestehenden Regelungen blieben "selbstverständlich" unverändert, so der Minister am Rande der Tagung der zuständigen EU-Innenminister am 10. Oktober.

Der gleiche Tenor gilt nun auch auf dem EU-Gipfel. In einer internen Weisung des Auswärtigen Amtes an die Verhandlungsführer über die Ratsschlussfolgerungen, in denen die politischen Beschlüsse des Gipfels festgehalten werden, heißt es nach Medienberichten: "Wir haben einen Rahmen der europäischen Asyl- und Migrationspolitik, den wir jetzt umsetzen, einhalten und ausfüllen müssen, aber nicht grundsätzlich in Frage stellen sollten." Damit ist einer Wende zu einer humaneren Politik gegenüber Flüchtlingen und Migranten, aber auch einer solidarischen Lastenteilung in der EU eine klare Absageerteilt worden.

Die Abschottung Europas wird forciert

Damit ist auch die weitere Arbeit einer "task force" genannten Arbeitsgruppe klar vorgezeichnet, die die EU-Innenminister bei ihrer letzten Tagung eingesetzt hatten. "Wir müssen die Schlepperbanden unschädlich machen" – mit diesen markigen Worten fasste Friedrich ihren Auftrag aus seiner Sicht zusammen. Die "task force" soll dazu eng mit der Europäischen Grenzschutzagentur "FRONTEX" zusammenarbeiten, die derzeit ein riesiges System der technologischen Überwachung des Mittelmeers namens EUROSUR aufbaut. Dieser massive Ausbau der Abschottung wird in der Öffentlichkeit mit dem vermeintlichen Ziel einer effektiveren "Seenotrettung" verbrämt. Außen vor bleibt, dass die "Geretteten" nach Möglichkeit gleich in Richtung Afrika abgeschoben werden sollen, ohne dass sie Zugang zu einem fairen Asylverfahren erhalten.

Die Reaktion der Schleuser ist vorhersehbar: Um der technologischen Meeresüberwachung zu entgehen, werden sie noch kleinere Boote als bislang einsetzen. Es ist die europäische Abschottung, die die Flüchtlinge auf immer tödlichere Wege zwingt. Zwingend notwendig ist daher eine Kehrtwende hin zu einer Politik, die sichere Wege für Menschen in Not öffnet.

linksfraktion.de, 24. Oktober 2013