Zum Hauptinhalt springen

Bilanz der Fraktion DIE LINKE im Bereich Rechtspolitik

Nachricht von Sevim Dagdelen, Wolfgang Neskovic,

Die Wahlperiode nähert sich dem Ende. Zeit, Bilanz zu ziehen. Wofür hat sich die Fraktion DIE LINKE in der Rechtspolitik stark gemacht, was waren die vorrangigen Ziele und Initiativen in der 16.Wahlperiode?

Die Tätigkeit der Fraktion DIE LINKE im Rechtsausschuss und im Parlament war von zwei grundlegenden Motiven bestimmt. Erstens: Stärkung des Rechtsstaats. Zweitens: Ausbau des Sozialstaats. Wo die anderen Fraktionen sich oft einig waren, dass soziale Gerechtigkeit nichts im Rechtsausschuss verloren habe, da haben wir ganz im Gegensatz dazu für sie gekämpft. Basis unserer Arbeit in den vier Jahren waren das Grundgesetz und die für uns leitende Utopie einer Gesellschaft der in Gleichheit lebenden freien Menschen.

Wir meinen, die folgenden Beispiele aus unserer Arbeit geben dies anschaulich wieder. Wer sich noch umfassender zu unseren Initiativen unterrichten möchte, kann das hier tun: /initiativen/

Wir haben uns gegen den Abbau von Freiheitsrechten gewehrt und für eine freie und gleiche Gesellschaft engagiert:

  • beispielsweise gegen Vorratsdatenspeicherung, gegen Online-Durchsuchung, gegen Vorbereitungsstrafbarkeit, gegen Sicherungsverwahrung, gegen die populistisch motivierte Strafrechtsverschärfung und Erweiterung von sog. Opferrechten; gegen EU-Haftbefehl und gegen die erheblichen datenschutzrechtlichen Risiken, die sich aus vielen weiteren Initiativen der Bundesregierung ergeben,
  • für effektiven Diskriminierungsschutz, insbesondere durch Verbandsklage, echte Beweislastumkehr, wirkungsvolle Antidiskriminierungsstelle (Drs. 16/9637)
  • für die Vielfalt der Lebensweisen und Gleichbehandlung homosexueller Paare (Drs. 16/5184)


Wir haben uns gegen den Abbau von Rechtsmitteln und für einen besseren Zugang zum Recht eingesetzt, indem wir:

  • gegen die Beschränkung des ehrenamtlichen Engagements im Bereich des Rechtsdienstleistungsgesetzes argumentierten (Drs.16/6635)
  • ,
  • das PKH-Begrenzungsgesetz verhinderten (hierzu die Rede von Wolfgang Neskovic)
  • ,
  • bei der FGG- Reform die schlimmsten Verschlechterungen durch Abbau von Rechtsmitteln und unzureichende Berücksichtigung von Gewalt an Frauen und Kindern verhindert; gegen Zusammenlegung von Gerichtsbarkeiten gekämpft haben


Wir haben uns für den Ausbau und die Stärkung der Demokratie eingesetzt:

Der elementare Prozess der Demokratisierung steht in einem wechselseitigen Verhältnis zu den Grundsätzen des sozialen Rechtsstaats. Demokratie ist ein tragender Grundpfeiler unserer Rechtspolitik. Sie umfasst die Transparenz, Überprüfbarkeit und Steuerbarkeit aller staatlichen Prozesse durch die Bürgerinnen und Bürger. Die Transparenz staatlichen Handelns in allen Bereichen, vor allem in der Gesetzgebung, ist Voraussetzung der Herrschaft des Volkes. Deshalb haben wir gesetzliche Initiativen beispielsweise gegen Lobbyismus (Drs. 16/8453), und gegen Abgeordnetenbestechung (Drs. 16/8979) eingebracht. Wir haben auch einen Entwurf zur Einführung eines dreistufigen Volksgesetzgebungsverfahrens vorgelegt, um die Diskussion zur Direkten Demokratie wieder zu beleben (Drs. 16/1411).

Wir stritten für soziale Gerechtigkeit.

Die Grundrechte sind institutionalisiertes Misstrauen gegen den Staat. Das Grundgesetz begrenzt staatliche Befugnisse und lenkt staatliches Handeln. Dass die Kontrolle staatlichen Handelns, insbesondere der Gesetzgebung, gerade auch im sozialen Bereich notwendig ist, wird jeder Mensch wissen, der einmal auf soziale Unterstützung angewiesen war. Angesichts zunehmenden Sozialabbaus in allen Bereichen, der Verschärfung sozialer Gegensätze und der Privatisierung öffentlichen Vermögens stellt sich die Frage: Wo ist das Recht, das uns alle schützt? Und wie kann jeder Mensch es einfordern? Die Antwort: Es existieren (noch) keine sozialen Grundrechte, die Sozialabbau verhindern und menschliche Grundbedürfnisse sichern.

Die Fraktion DIE LINKE lässt es nicht dabei bewenden: Zwei Gesetzentwürfe sind eingebracht, die diese Verfassungslücke schließen sollen - Mit dem Ziel, den Gesetzgeber verlässlich zu sozialem Gewissen und zu sozialer Aktivität zu verpflichten. Ein Gesetzentwurf (Drs. 16/12375) sieht die Ausformulierung dessen, was wir unter Sozialstaatlichkeit verstehen, vor: die staatliche Verantwortung zur Herstellung einer gerechten Sozialordnung und die Pflicht, für die dazu erforderlichen finanziellen Einnahmen zu sorgen. Ein neues Gleichbehandlungsgebot untersagt Diskriminierungen wegen der sozialen Stellung eines Menschen. Bestehende soziale Benachteiligungen sind zu beseitigen. Ein sozial gerechtes Verfahrensrecht sorgt für Chancengleichheit vor den Gerichten. Einrichtungen und Aufgaben der Daseinsvorsorge (Energie, Wasser, Bahn, etc.) dürfen nicht weiter privatisiert werden. Erfolgte Privatisierungen sind rückgängig zu machen. Insbesondere Banken und Versicherungsunternehmen dürfen sozialisiert werden, wenn es das allgemeine Wohl erfordert.

Eine zweite Gesetzesinitiative fordert die Aufnahme sozialer Grundrechte in das Grundgesetz. Es kommt auch heute wieder darauf an, das jahrhundertealte Versprechen der Menschenrechte endlich vollständig einzufordern. Freiheit und Gleichheit sind keine unversöhnlichen Gegenspieler, sondern sie benötigen und ermöglichen einander. Eine Sachverständigenanhörung hat der Gesetzentwurf auch schon passiert.

Der Gehalt der in das Grundgesetz eingefügten echten, einklagbaren sozialen Grundrechte erstreckt sich auf die wichtigsten Grundvoraussetzungen eines sozial gerechten Lebens aller Menschen in den Bereichen Wohnen, Bildung, Arbeit, Gesundheit und Soziale Sicherheit. Grundsätze des Streikrechts, insbesondere des politischen Streiks, werden gesichert. Die Rechte der Kinder und ein der Genfer Flüchtlings-Konvention entsprechender Standard im Asylgrundrecht werden verankert. Ergänzt wird dies durch die in Artikel 3 Abs.3 Grundgesetz formulierten speziellen Diskriminierungsverbote im Hinblick auf die „sexuelle Identität“, die „genetische Disposition“ und das „Alter“ und die „soziale Stellung“. In der kommenden Wahlperiode wollen wir diese und weitere Initiativen vertiefen und ausbauen. Wir freuen uns über alle Rückmeldungen, Kritik, Unterstützung und Änderungsvorschläge zu unserer Arbeit.