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Bewegung gegen Hartz IV

Nachricht,

"Wir reden mit Erwerbslosen, nicht über sie", hatte Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag, im Vorfeld erklärt. Am Montag war es so weit: Die Fraktion hatte rund 100 Aktivist*innen zu einem Hartz IV- und Sozialhilfe-Hearing eingeladen.


Zuvor sprachen im Bundestagsausschuss für Arbeit und Soziales Sachverständige zu SGB-II-Sanktionen. Die Linksfraktion hatte diese öffentliche Anhörung initiiert; viele Betroffene konnten sie verfolgen. Es ging um Anträge der Oppositionsfraktionen von LINKEN (Sanktionen bei Hartz IV und Leistungseinschränkungen bei der Sozialhilfe abschaffen) und GRÜNEN (Soziale Teilhabe und Selbstbestimmung in der Grundsicherung statt Sanktionen und Ausgrenzung). Die Fraktionen CDU, FDP, SPD und AfD erneuerten ihre grundsätzliche Zustimmung zu Sanktionen und sprachen realitätsfern über notwendige "Disziplinierung" sowie das "Fordern und Fördern" als Erfolgsfaktor für den Arbeitsmarkt. Gelobt wurde dabei auch die erreichte "pädagogische Wirkung einer Disziplinierung" der Arbeitsuchenden.

Volles Haus beim Betroffenenhearing

Im anschließenden Hearing der Linksfraktion kamen dann endlich diejenigen selbst zu Wort, über die zuvor im Ausschuss – von Männern in grauen Anzügen und wenigen Frauen – nur als arbeitsmarktpolitische Manövriermasse debattiert wurde: Die Erwerbslosen und Aufstocker*innen selbst. Ihre Wut über die technokratische Ignoranz vieler Abgeordneter war groß und die Diskussion entsprechend lebhaft.

Als Begrüßung dankten Dietmar Bartsch, Susanne Ferschl und Katja Kipping den Teilnehmenden dafür, dass sie mit ihrem langjährigen Engagement gegen die Armutsgesetze Hartz IV maßgeblich zu einer gesellschaftlichen Demoralisierung des Systems beigetragen haben. Katja Kipping, sozialpolitische Sprecherin der Fraktion stellte unter dem Applaus der Teilnehmenden klar: "Wir bleiben dran – kein Frieden mit Hartz IV!"

In den anschließenden Foren stand der Austausch im Vordergrund:

In Forum I sprach Friedrich Straetmanns, rechtspolitischer Sprecher der Fraktion DIE LINKE und ehemaliger Sozialrichter, einleitend über das laufende Sanktionsverfahren beim Bundesverfassungsgericht. Er betonte, dass eine Abschaffung der Sanktionen durch das Gericht unwahrscheinlich und nur mit Korrekturen der bisherigen Sanktionspraxis zu rechnen sei. Einigkeit bestand darüber, dass man sich nicht allein auf das Gericht verlassen sollte. Das Verfahren eröffnet ein politisch-historisches Zeitfenster mit erhöhter medialer und gesellschaftlicher Aufmerksamkeit. Dieses gilt es zu nutzen, um für ein sanktionsfreies System der sozialen Sicherung zu streiten. Bis es so weit ist, muss kleiner, effektiver Widerstand in der alltäglichen Praxis stattfinden: „Keine Sanktion sollte ohne Widerspruch bleiben!“ Unterstützung und hilfreiche Tipps finden sich in der Broschüre der Linksfraktion "Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt!" und auf der Plattform Sanktionsfrei e.V., die Sanktionen finanziell ausgleichen und Klagen unterstützen.

In Forum II stellte Jessica Tatti, Sprecherin für Arbeit 4.0, die bisherige parlamentarische Arbeit der Linksfraktion im Bereich der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik vor. Anschließend tauschten sich Teilnehmenden über brennende Themen vor Ort aus, die sich parlamentarisch aufgreifen lassen. Dabei zeigte sich immer wieder die gesellschaftspolitische Bedeutung von Hartz IV.  Diskutiert wurde über die geringe Partizipation am gesellschaftlichen Leben, die mit Armut einhergeht, soziale Isolation und schlimmstenfalls Depressionen verursacht. Zu niedrig angesetzte Wohnkosten führen zu Ghettobildungen in städtischen Randlagen. Wichtig war den Teilnehmenden daher breite Bündnisse zu mobilisieren und den Kampf gegen Hartz IV als gesamtgesellschaftlichen Kampf zu führen. Sie machten konkrete Vorschläge, vor allem für Anfragen, die wir in den kommenden Wochen und Monaten aufgreifen werden. Wir bleiben dran, bis Armut per Gesetz Geschichte ist!

DIE LINKE fordert die Abschaffung der Sanktionen und streitet für eine bedarfsorientierte, individuelle und sanktionsfreie Mindestsicherung statt Hartz IV.


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Anhörung im Ausschuss für Arbeit und Soziales