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"Besser die Löhne erhöhen"

Im Wortlaut von Klaus Ernst,

Was halten Sie von Mitarbeiterbeteiligungen?

Wir befürworten ein solches Modell, wenn die Arbeitnehmer am Produktivvermögen beteiligt werden und gleichzeitig die Mitbestimmung erhalten, die Geschicke ihres Unternehmens mitentscheiden zu können. Nur passiert das bei den jetzigen Formen nicht. Im Gegenteil. Die Arbeitnehmer sollen lustvoll mitwirken, wenn eine Firma Arbeitsplätze abbaut, um damit die Rendite zu steigern, an der sie beteiligt sind. Nur kann der Arbeitnehmer von dieser Rendite nie so leben wie normale Kapitalbesitzer.

Wie finden Sie das Modell von CDU/CSU?

Bei dem Vorschlag der Union geht es nicht, wie behauptet, darum, die Lohnquote zu verändern. Ziel ist vielmehr, die Kapitalausstattung der Betriebe zu verbessern. Wenn das unter dem Deckmantel der Mitarbeiterbeteiligung läuft, ist das bereits der erste Etikettenschwindel. Außerdem kommen Betriebsräte und Gewerkschaften in diesem Modell überhaupt nicht vor. Offensichtlich ist geplant, dass der Arbeitgeber ein Angebot macht, das der Arbeitnehmer annehmen oder ablehnen kann. Für das Modell sollen übertarifliche Lohnbestandteile verwendet werden. Diese Summen fehlen den Leuten dann für den Konsum. Grundsätzlich fehlt den meisten Menschen sowieso das Geld, um sich an solchen Modellen zu erfreuen, wie der Blick auf die Riester-Renten zeigt. Benötigt werden also flächendeckende kräftige Lohnsteigerungen statt steuerlich geförderte Kapitalausstattung für die Betriebe.

Wie bewerten Sie das Modell der Sozialdemokraten?

Das kritisieren wir ähnlich. Wenn die SPD Geld in die Hand nehmen will, soll sie es in Arbeitsmarktpolitik oder Kindertagesstätten stecken, damit die Leute Arbeitsplätze haben oder ihre Kinder versorgt werden. Allerdings ist beim SPD-Modell das Risiko breiter gestreut, weil es über einen Fonds laufen soll. Die Union sagt, es soll an einen bestimmten Betrieb gebunden sein.

Was schlagen Sie vor?

Die Löhne müssen erhöht und vor allem muss der Mindestlohn eingeführt werden, damit die Leute von ihrem Lohn leben können. Ansonsten muss bei Mitarbeiterbeteiligungen auch der Einfluss der Beschäftigten auf die unternehmerischen Entscheidungen verbessert werden.

Sind Sie gegen Kapitalanlagen für Arbeitnehmer?

Nein. Das kann jeder für sich entscheiden. Wenn heute ein Arbeitnehmer sich eine Aktie oder Anteile eines Fonds kauft, kann er das ja tun. Aber warum soll das steuerlich gefördert werden. Diese Förderung kommt vor allem den Betrieben zugute.

Es gibt bereits steuerlich geförderte Sparmodelle. Ist ein zusätzliches Modell überflüssig?

Es ist überflüssig und gefährlich. Denn dem Staat und vor allem den Sozialversicherungssystemen wird weiter Geld entzogen. Das landet dann bei jenen, die sich eine Kapitalbeteiligung leisten können.

Mitarbeiterbeteiligungen sind für Sie also nur eine weitere Umverteilung?

Ja.

Interview: Andreas Schwarzkopf

Frankfurter Rundschau, 30. Juni 2007