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Berufliche und familiäre Perspektive für Leiharbeiter entwickeln

Kolumne von Jutta Krellmann,

Von Jutta Krellmann, Sprecherin für Arbeits- und Mitbestimmungspolitik der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Arbeitsministerin von der Leyen hat wegen der Schlagzeilen zum Thema Schlecker vollmundige Ankündigungen gemacht, sich die Sache mit der Leiharbeit „genau anzuschauen“. Um die wirklichen Knackpunkte aber wird sie sich herumdrücken. Das Beispiel Schlecker hat Furore gemacht, ist aber leider kein Einzelfall: Vom Einkommen bis zu den Arbeitsbedingungen werden die LeiharbeiterInnen schlechter behandelt. Wir erleben seit Jahren den schleichenden Prozess, dass Stammbelegschaften durch LeiharbeitnehmerInnen ersetzt werden und in den Betrieben so gnadenlos gespalten wird - in Stammbelegschaften und jederzeit austauschbare Randbelegschaften.

Niedriglöhne sind für Beschäftigte in der Leiharbeit Normalität. Bei gleicher Qualifikation und gleichen Aufgaben erhalten sie durchschnittlich 20 bis 40 Prozent weniger Entgelt als die Beschäftigten in Festanstellung. Jede achte Leiharbeitskraft muss durch ergänzende Hartz IV-Leistungen unterstützt werden. Diese Subventionierung von Niedriglöhnen kostet den Steuerzahler jährlich über eine halbe Milliarde Euro.

Geschaffen wurde Leiharbeit ursprünglich als Instrument, um Auftragsspitzen abzudecken. Heute werden prekäre Beschäftigungsverhältnisse zur Regel - zu Lasten von Festanstellungen. Die Anzahl der Beschäftigten in Leiharbeit ist in den letzten Jahren sprunghaft gestiegen. Damit verankern Unternehmen dauerhaft schlechte Arbeitsbedingungen, drücken die Standards für alle und verunsichern die gesamte Belegschaft. Leiharbeit wird zunehmend strategisch eingesetzt, um Personalkosten zu senken und die Rendite abzusichern. Das unternehmerische Risiko wird bequem vom Arbeitgeber auf den Arbeitnehmer übertragen. Leiharbeiter gehören auch zu den ersten, die in der Krise ihren Arbeitsplatz verlieren. Und nach der Krise werden keine Festanstellungen mehr geschaffen, sondern diese werden durch Leiharbeitsplätze verdrängt.

Der Umbau von Arbeitsplätzen schreitet weiter voran. Aus unbefristeten Festanstellungen werden prekäre Leiharbeitsplätze. Das hat Auswirkungen auf die gesamte Gesellschaft: Menschen werden nur nach ihrer Verwertbarkeit beurteilt. Diese gnadenlose Ellenbogenmentalität führt zu tiefer politischer Resignation und einer Entsolidarisierung der Gesellschaft. Eine Krise der Demokratie als Folge davon spüren wir schon lange. Deshalb wollen wir dort, wo wir Leiharbeit nicht verhindern können, diese zumindest strikt begrenzen und sozial gerecht gestalten.

Dazu muss gelten: gleicher Lohn für gleiche Arbeit ab dem ersten Einsatztag, eine zusätzliche Flexibilitätsvergütung, eine Überlassungshöchstdauer unter drei Monaten, eine Verbesserung der Mitbestimmung, ein Verbot von Leiharbeit in bestreikten Betrieben, denn LeiharbeiterInnen dürfen nicht als Streikbrecher missbraucht werden. Dies wären Schritte auf dem Weg, um Leiharbeit zurückzudrängen und zurück zu kehren zu vernünftigen Arbeitsplätzen. Leben und Arbeit müssen gesichert und planbar sein, nur dann können LeiharbeiterInnen eine berufliche und familiäre Perspektive entwickeln.