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Bei Diktatoren

Im Wortlaut von Sevim Dagdelen,

Gastkommentar. Wulff auf Reisen am Golf.

Kaum ist in Abu Dhabi mit der IDEX 2011 eine der weltweit größten Rüstungsmessen zu Ende gegangen, bei der Deutschland zu den vier größten nationalen Ausstellern gehörte, reist Bundespräsident Christian Wulff nach Kuwait und Katar. Begleitet wird er von einer »hochkarätigen Wirtschaftsdelegation«, darunter Spitzenmanager der Konzerne VW und Hochtief, an denen Katar Anteile hält, sowie Bahn-Chef Rüdiger Grube. Die Deutsche Bahn AG soll im Emirat für etwa 17 Milliarden Euro ein Schienenverkehrsnetz und zur benachbarten Insel eine Verbindung aufbauen. Trotz aller Bekenntnissen zur Demokratisierung und der Solidarisierung mit Protestierenden gilt: Geschäft über alles. Das deutsche Kapital schert sich einen Dreck um die Ermordeten in der arabischen Welt. Hauptsache, die Kasse stimmt.

Da müssen erst Demonstrationen in Libyen aus der Luft beschossen werden, bevor Deutschland und die EU einen einstweiligen Stopp der Rüstungsexporte erwägen und schließlich einleiten. Wozu all die Waffen dienen, die in den vergangenen Jahren nach Marokko, Algerien, Tunesien, Libyen, Ägypten und auf die Arabische Halbinsel geliefert wurden, war stets klar: zur Kontrolle und Unterdrückung der Bevölkerung. Überdeutlich wird das jetzt an den aufgeregten Debatten über den vermeintlichen »Exodus biblischen Ausmaßes« aus Nordafrika. Stichwortgeber für die gesamte EU ist der extrem rechte italienische Innenminister Roberto Maroni von der neofaschistischen Lega Nord.

Während aber gerade massakriert wird, möchte man sich lieber nicht blicken lassen. Deshalb verkürzte Wulff seine Arabien-eise um einen Tag und ließ den Besuch in Bahrain ausfallen. Dort wurde schon mehrfach auf Demonstrationen geschossen, mindestens sieben Menschen kamen dabei bislang ums Leben. In Kuwait wollte Wulff etwas später ankommen, nämlich nach einer Militärparade, die zunächst auf seinem Programm stand. Es hieß, »um in diesen Zeiten gewaltsamer Auseinandersetzung in vielen arabischen Ländern martialische Bilder zu vermeiden«. Für das deutsche Staatsoberhaupt spielt der Gedanke, Blutvergießen generell zu verhindern, offenbar keine Rolle. Kuwait hält übrigens an der Todesstrafe fest, Journalisten und Blogger werden verfolgt und inhaftiert, Frauen dürfen nicht einmal einen Paß besitzen.

Kurz vor seiner Abreise, bei einem Bankett zu Ehren Michail Gorbatschows, hatte Wulff seine Unterstützung für die »Freiheitsbewegungen« in den arabischen Ländern beteuert. Ob er damit die monarchistischen Diktatoren, Autokraten und die übelsten Menschenrechtsverletzer meinte, deren Gastfreundschaft er jetzt genießt, bleibt sein Geheimnis – und das von Merkel und Westerwelle, mit denen die Reise abgestimmt wurde.