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Bei der FIFA läuft es wie geschmiert

Im Wortlaut von Katrin Kunert,

Von Katrin Kunert*, sportpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag

Manchmal kann selbst mir die Begeisterung für den Sport im Allgemeinen und für den Fußball im Speziellen vergehen. Die FIFA hat gerade entschieden, wer die Ausrichter der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 sein werden: Russland und Katar. Russland liegt teils in Europa und teils in Asien, Katar am Persischen Golf mit einer Fläche knapp 11400 Quadratkilometern mit Temperaturen im Sommer bis 50 Grad. Der große Favorit England wurde abgewatscht, weil aus dem Mutterland des Fußballs Korruptionsvorwürfe durch Sunday Times und BBC laut wurden und schließlich zu zwei Rücktritten von Jurymitgliedern der FIFA führten.

Was sollten aber Kriterien für die Vergabe von Weltmeisterschaften im Fußball und anderen Sportarten sowie von Olympischen Spielen sein? Welche Infrastruktur gibt es vor Ort? Können Sportstätten nachgenutzt werden? Wie gestaltet sich die Klimabilanz beim Bau der notwendigen Sportstätten? Kann das Sportereignis zur Völkerverständigung  und Friedensstiftung in der Region beitragen?  Werden Menschen im Land in ihren Rechten verletzt? Und wie konsequent wird im möglichen Austragungsland der Kampf gegen Doping geführt? Und vor allem: Wie transparent ist das Vergabeverfahren bei der FIFA?

Russland, Platz 13 in der Weltrangliste, hat nach den Olympischen Winterspielen 2014 in Sotschi und der Formel 1 ab 2015 nun die Fußball-WM für 2018 ins Land geholt. Ausschlaggebend dafür war der mit 3,8 Milliarden Euro große Etat, den die Russen in Aussicht gestellt haben. Von den 16 Stadien müssen 14 erst noch gebaut werden. Für Fans wird es eine logistische Herausforderung, die Spiele vor Ort zu erreichen. Die FIFA muss aus Russland keine kritischen Berichte über ihre Arbeit befürchten. Schließlich sind die Medien im Lande des "lupenreinen Demokraten" Putin gleichgeschaltet. Ob die Menschen in Russland am zu erwartenden Aufschwung zumindest in der Bau- und Vorbereitungsphase teilhaben können, bleibt zu bezweifeln. In diesem Land ist der Unterschied zwischen Arm und Reich so groß wie selten auf der Welt.

Katar, immerhin in der Fußballweltrangliste auf Platz 113, will zwölf neue Stadien bauen, die nach der WM zurückgebaut und in andere Länder verkauft werden sollen. Bei der sommerlichen Gluthitze sollen die Stadien voll klimatisiert werden. Spätestens an dieser Stelle muss die FIFA ernsthaft darüber nachdenken, ob sie  Hallenwettkämpfe neu installieren will.

Katar ist fußballerisch ein Entwicklungsland. Dies nun ausgerechnet durch die Austragung einer Weltmeisterschaft verbessern zu wollen, wird scheitern. Schließlich ist Fußball immer noch Leidenschaft. Und die muss sich bei den Menschen entwickeln und kann nicht durch gut bezahlte Kampagnen gepuscht werden. Kinder und Jugendliche erleben durch das Spiel ihre Stärken und Schwächen. Begeisterung wächst und steckt möglicherweise an.

Der größte Gewinner bei Weltmeisterschaften ist immer die FIFA. Sie verkauft die Rechte am Megaevent und finanziert sich so zu 90 Prozent. Allein TV-Rechte brachten der FIFA in Südafrika 1,6 Milliarden Euro. Da geht es längst nicht mehr um Völkerverständigung, Fest des Sports, Friedensstiftung oder Vorbildwirkung für Kinder und Jugendliche. Spätestens mit der Entscheidung für Katar wird deutlich: Es geht um die Erschließung neuer Märkte. Sämtliche Fan- und Sportartikelhersteller werden große Gewinne erzielen. Die Umsätze allerdings bei den Bierbrauereien werden zumindest in Katar einbrechen, dort ist der Konsum von Alkohol stark eingeschränkt.

Ich will trotz des faden Beigeschmacks der aktuellen WM-Vergabe an Russland und Katar an der Begeisterung für den Fußball in Deutschland festhalten. Ich denke in erster Linie immer an die Kinder, die schon mit sieben oder acht Jahren im Verein Fußball spielen und ihre Idole wie Lahm, Özil oder Ballack haben. DIE LINKE sollte diese Prozesse sehr kritisch begleiten, Transparenz und mehr Demokratie auch in einer Weltvereinigung wie der FIFA fordern. Die Umsetzung von Umweltstandards, die Teilhabe aller an möglichen Gewinnen solcher Großsportereignisse und friedensstiftende Maßnahmen sollten wir immer einfordern. Verweigern sollten wir uns diesen Veranstaltungen nicht. Sie finden nämlich trotzdem statt. Verändern können wir sie. Deshalb: Mischen wir mit!

* Trägerin der Goldenen Ehrennadel des Landesfachverbandes Fußball in Sachsen- Anhalt