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Bankenrettung ohne Ende?

Im Wortlaut von Sahra Wagenknecht,

Von Sahra Wagenknecht,  stellvertretende Vorsitzende der Fraktion DIE LINKE. im Bundestag und stellvertretende Vorsitzende der Partei DIE LINKE




Alternativlos - dieses Wort fällt oft, wenn den Herrschenden die Argumente ausgehen. Angeblich ist es alternativlos, Banken mit gigantischen Geldsummen vor den Folgen ihrer Zockerei zu schützen. Während man für die Bekämpfung von Arbeitslosigkeit und Altersarmut oder sozialen Wohnungsbau nie Geld zu haben scheint, steht es für die Rettung maroder Banken in Überfülle bereit. Hierfür gehen die Staaten an die Grenzen ihrer eigenen Leistungsfähigkeit, auch auf gemeinsame Regeln, Verträge oder die Verfassung wird keine Rücksicht genommen. Sind die Staaten so hoch verschuldet, dass sie auf den Finanzmärkten kaum noch neue Kredite bekommen, ertönt der Ruf nach der Zentralbank.

Allerdings fällt es den Regierenden in Europa immer schwerer, sich auf ein gemeinsames Krisenmanagement zu einigen. Und wo es ihnen gelingt, werden demokratische Rechte mit Füßen getreten, wie bei der Verabschiedung des Fiskalpakts, mit dem die unsoziale Kürzungspolitik verewigt werden soll. Während deutsche Vermögensbesitzer der »harten« D-Mark nachtrauern und die Europäische Zentralbank (EZB) für ihre Käufe von italienischen oder spanischen Anleihen heftig kritisieren, fordert die internationale Finanzelite eine deutliche Ausweitung dieser Käufe. Dabei führen beide Vorschläge in die Irre. Für DIE LINKE ist weder die Rückkehr zur D-Mark eine Option noch wollen wir, dass die EZB frisches Spielgeld an die Banken und Hedgefonds verteilt, denn damit werden nur neue Spekulationsblasen produziert. Steigende Mieten, Energie- und Lebensmittelpreise sowie neue Krisen werden die Folge sein. Und wer die Finanzhaie füttert, macht diese noch mächtiger und riskiert, dass die Demokratie endgültig baden geht.

Aber muss man nicht Banken retten, um zu verhindern, dass die Wirtschaft einbricht und die Ersparnisse der Bevölkerung vernichtet werden? Ich denke, andersherum wird ein Schuh daraus. Schon 2008 beklagte der Ökonom Jörg Huffschmid die Geiselnahme der Gesellschaft im Interesse der privaten Banken und warnte davor, auf diesen »Bluff von Abenteurern, die ihre Felle davonschwimmen sehen«, hereinzufallen. Statt sich in die Geiselhaft der Finanzmärkte zu begeben, sollte der Staat gemeinsam mit der Notenbank dafür sorgen, dass die wichtigsten Aufgaben eines Finanzsystems (Kreditversorgung, reibungsloser Zahlungsverkehr, Sicherung der Spareinlagen) erfüllt werden. Hätte man auf Huffschmid gehört, gäbe es heute vielleicht keine Euro-Krise. Denn erst die bedingungslose Bankenrettung hat Staaten wie Spanien an den Rand ihrer Zahlungsfähigkeit gebracht.

Banken müssen an die Kette gelegt und demokratischer Kontrolle unterworfen werden. Ferner sind alle Schulden zu streichen, die auf die Bankenrettung zurückgehen. Natürlich müssen die Eurostaaten im Fall einer Bankenpleite dafür sorgen, dass die Spareinlagen der normalen Bevölkerung gesichert werden. Damit die Profiteure des Finanzkasinos nicht ungeschoren davonkommen, sollte man außerdem von den Millionären eine Krisenabgabe verlangen und europäische Mindeststeuern für Unternehmen und Geldvermögen durchsetzen. Schließlich muss man die Staatsfinanzierung in der Eurozone von den Launen der Finanzmärkte unabhängig machen. Statt Banken mit billigem Spielgeld zu überschütten, sollte die EZB die Staaten direkt mit Krediten versorgen. Natürlich kann man diese Maßnahmen nur gegen den Widerstand einer mächtigen Finanzmafia durchsetzen. Doch einen anderen Weg gibt es nicht, wenn Europa als demokratische, soziale und solidarische Gemeinschaft eine Zukunft haben soll.

neues deutschland, 10. September 2012