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Bei der Stimmauszählung am 16.APril 2017 in einem Wahllokal in Istanbul hält ein Mann einen Stimmzettel, auf dem dreimal Hayir (Nein) gestempelt wurde © picture alliance/abacaFoto: picture alliance/abaca

»Auf der Seite der Demokratie oder auf der Seite der Diktatur Erdogans«

Nachricht von Sahra Wagenknecht, Sevim Dagdelen,

Während sich Präsident Erdogan, seine islamistische AKP und die ultranationalistischee MHP als Sieger des Verfassungsreferendums in der Türkei feiern, ficht die türkische Opposition den erklärten Wahlsieg des Ja-Lagers an und erhebt den Vorwurf der Wahlmanipulation. Zahlreiche Wähler berichteten davon, dass ihnen Stimmzettel und Umschläge ohne den offiziellen Stempel der Wahlbhörde ausgeteilt worden seien. Im Internet kursieren Videos, die zeigen, wie offenbar nicht-offizielle Stimmzettel nachgestempelt werden. Die sozialdemokratische Partei der Türkei CHP geht davon aus, dass unerlaubt 1,5 Millionen solcher ungestempelten Wahlzettel mitgezählt wurden.

Der staatlichen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge haben 24,8 Millionen Wähler mit Ja votiert, 23,5 Millionen haben das Präsidialsystem abgelehnt. Damit lag der Ja-Anteil nach Auszählung von 99,45 Prozent der Stimmen bei 51,37 Prozent. 63,6 Prozent der Türken in Deutschland haben für die Verfassungsänderung gestimmt. Insgesamt waren im Ausland rund 2,9 Millionen Wahlberechtigte registriert, rund die Hälfte davon in Deutschland.

Sahra Wagenknecht schließt sich “der Forderung aus der türkischen Opposition an, die das Ergebnis anfechten will. Angesichts all der erfolgten Manipulation, Erpressung und Verfälschung im Vorfeld sowie angesichts ernstzunehmender Hinweise auf Wahlbetrug dürfen Kanzlerin Merkel und Außenminister Gabriel diesen angeblichen Sieg nicht anerkennen”. Für die Bundesregierung wiederum müsse dies vielmehr Anlass sein, “ihre Türkeipolitik grundlegend zu ändern. Mit einer Diktatur darf die EU keine Beitrittsverhandlungen mehr führen, Vorbeitrittshilfen von 630 Millionen Euro jährlich sind ebenso wie eine Erweiterung der Zollunion zur Unterstützung Erdogans sofort zu stoppen. Die Bundesregierung ist gefordert klar zu machen, auf wessen Seite sie steht: Auf der Seite der Demokratie oder auf der Seite der Diktatur Erdogans”.

Für Sevim Dagdelen war es “ein schwarzer Tag für die Demokratie in der Türkei, ein historischer Moment. Der türkische Staatspräsident hat mit seinem Betrug den Weg in die Diktatur geebnet. Das muss jetzt ganz klar benannt werden”. Sie warnt davor, dass sich die Krise in der Türkei weiter zuspitzen werde. “Statt den Merkel-Erdogan-Pakt brauchen wir einen Pakt mit den Demokraten in der Türkei. Keine Waffen, kein Geld und keine Soldaten für Erdogans Diktatur”, fordert Dagdelen.