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Armut per Hartz IV ist für Millionen Menschen ein Dauerzustand

Nachricht von Sabine Zimmermann,

Der Regelleistungssatz des Arbeitslosengeld II und des Sozialgeldes soll ein Existenzminimum sichern. Nach den Worten des ehemaligen Vorstandsmitglieds der Bundesagentur für Arbeit Heinrich Alt sei der Regelsatz „keine Dauerlösung“. Auf Dauer sei „ein Leben mit Hartz IV entwürdigend.“1

Tatsächlich leben aber Millionen Menschen2 über viele Jahre hinweg von diesem Regelsatz. Mit einer maximalen Unterbrechung von 31 Tagen befanden sich im Dezember 2015 bundesweit 1.440.249 Regelleistungsberechtigte (RLB) seit mindestens acht Jahren im Regelleistungsbezug. Das waren rund 25 Prozent aller 5.837.290 RLB. Innerhalb dieser Gruppe waren 207.315 Personen unter 25 Jahre alt und wurden nicht als erwerbsfähig gezählt, weil sie entweder – in der Mehrzahl der Fälle – jünger als 15 Jahre alt waren oder aus anderen Gründen dem Arbeitsmarkt längerfristig nicht zur Verfügung standen.

Länger als sechs Jahre bezogen 1.924.113 Personen den Regelsatz praktisch ohne Unterbrechung, davon 331.769 nicht erwerbsfähige Personen im Alter unter 25 Jahren.

Länger als vier Jahre befanden sich 2.567.191 Personen im Regelsatzbezug. Das waren 44 Prozent aller RLB.

Dies geht aus einer Sonderauswertung der Bundesagentur für Arbeit hervor, die die LINKE Bundestagsabgeordnete Sabine Zimmermann angefordert und ausgewertet hat.

Dazu erklärt Sabine Zimmermann, die stellvertretende Fraktionsvorsitzende und arbeitsmarktpolitische Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag:

„Der Hartz IV-Regelsatz wurde so knapp bemessen, um die Betroffenen und ihre Angehörigen zur schnellstmöglichen Arbeitsaufnahme um jeden Preis zu drängen. Dabei spielt nicht einmal eine Rolle, ob das Einkommen aus der neuen Beschäftigung zum Leben reicht. Die Bundesregierung hat sich nie darum geschert, dass von dieser Armut per Gesetz ebenso hunderttausende Kinder betroffen sind wie alleinerziehende Eltern, die kaum die Möglichkeit haben, eine Beschäftigung aufzunehmen.

Der Hartz IV-Regelsatz ist viel zu knapp berechnet. Das hat oft schlimme Folgen gerade für die Entwicklungschancen von Kindern.  Besonders der dauerhafte Hartz IV-Bezug bedeutet Isolation und ruft nicht selten psychische Erkrankungen hervor.

Der Hartz IV-Regelsatz muss endlich auf ein menschenwürdiges und armutssicheres Niveau angehoben werden. Die Bedarfe von Heranwachsenden müssen angemessen berücksichtigt werden. Die LINKE fordert deshalb die Ersetzung des Hartz IV-Systems durch eine tatsächlich existenzsichernde Mindestsicherung, die sanktionsfrei gewährt wird.“

 

1 http://www.rp-online.de/wirtschaft/unternehmen/erhoehungen-fuer-hartz-iv-empfaenger-ende-maerz-aid-1.2320262

2 Regelleistungsberechtigte (RLB) sind nicht nur Erwerbslose, sondern allgemein Personen mit Anspruch auf Gesamtregelleistung (Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld). Dazu zählen Personen, die Anspruch auf folgende Leistungsarten haben:

• Regelbedarf Arbeitslosengeld II oder Sozialgeld (§§ 20, 23 SGB II)

• Mehrbedarfe (§ 21 SGB II)

• laufende und einmalige Leistungen für Unterkunft und Heizung ein-schließlich Nachzahlung von Heiz- und Betriebskosten sowie Heizmittel-bevorratung, Wohnbeschaffungskosten, Mietschulden und Instandhaltungs- und Reparaturkosten bei selbst bewohntem Wohneigentum (§ 22 SGB II)

• befristeter Zuschlag nach dem Bezug von Arbeitslosengeld (§ 24 SGB II a.F., entfallen ab 1. Januar 2011).

Siehe: Glossar der Statistik der Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) der BA, S.13. (https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Grundlagen/Glossare/Generische-Publikationen/Grundsicherung-Glossar-Gesamtglossar.pdf)

Artikel in der Zeit: 1,4 Millionen Menschen beziehen Hartz IV seit mehr als zehn Jahren