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Ackermann hat Recht!

Im Wortlaut von Gesine Lötzsch,

Der Chef der Deutschen Bank meint, dass sich die Manager schämen sollten, die das Hilfspaket der Bundesregierung annehmen. Er hat Recht! Natürlich ist es ein Skandal, dass die Manager, die die Verantwortung für die schlimmste Finanzkrise der vergangenen 80 Jahre tragen, nicht vor Scham im Boden versinken. Genau das ist das Problem. Diese Leute kennen keine Scham. Sie sind schamlos! Sie sind immer noch der Meinung, dass sie alles richtig gemacht haben. Worte wie Selbstkritik oder Entschuldigung kommen ihnen nicht über die Lippen. Sie kleben weiter an ihren Vorstands- und Aufsichtsratsposten, wie Herr Tietmeyer, Aufsichtsrat der krisengeschüttelten Hypo Real Estate, und sind nicht bereit, Konsequenzen aus ihren Fehlern zu ziehen. Doch nicht nur die Manager, die jetzt den Gang nach Canossa antreten müssen, sind schamlos, auch Herr Ackermann sollte sich schämen. Die Deutsche Bank hat riesige Gewinne mit hochexplosiven Finanzprodukten gescheffelt, die sie selbst entwickelt und verkauft hat. Diese Finanzpakete drohen jetzt, der Reihe nach in die Luft zu fliegen. Ackermann ist als Chef des internationalen Bankenverbandes immer für eine Selbstregulierung der Banken eingetreten und hat sich vehement gegen staatliche Regulierung gewandt; er wusste warum. Ist das nicht ein Grund, sich zu schämen?

Doch was ist mit der Bundesregierung, die sich jetzt als Retter der Banken aufspielt, aber kein Wort darüber verliert, welche Verantwortung sie für diese Finanzkrise trägt. Diese Krise ist kein amerikanisches Problem, wie die Minister Steinbrück und Glos immer behauptet haben. In den Koalitonsvereinbarungen der Rot-Grünen und der Schwarz-Roten Regierung wurden die Grundsteine für die Deregulierung des deutschen Finanzmarktes gelegt. Unter Schröder, Fischer, Müntefering u.a. wurden die Hedgefonds (Heuschrecken) zugelassen. In der CDU-SPD- Koalitionsvereinbarung wurde festgelegt: „Die Mindestanforderungen der BaFin an das Risikomanagement der Banken sollen schlank ausgestaltet werden.“ Schlank ist in diesem Zusammenhang ein anderes Wort für kastrieren. Der zuständige Staatssekretär Asmussen hat beschrieben, wie er sich das vorstellt. Er forderte 2006 in einem Aufsatz für die „Zeitschrift für das gesamte Kreditwesen“ den verstärkten "Einsatz neuer Finanzierungsinstrumente". Gleichzeitig forderte er, den Banken nicht „unnötige Prüf- und Dokumentationspflichten“ aufzuerlegen. Doch er hat nicht nur Artikel geschrieben, Asmussen war auch Aufsichtsrat der Mittelstandsbank IKB, die in den Strudel um Derivate-Geschäfte geriet; zugleich saß Asmussen im Verwaltungsrat der deutschen Bankenaufsicht Bafin und konnte dort seine eigenen Forderungen umsetzen. Der selbe Asmussen hat jetzt mit Ackermann &Co. das Gesetz zur Rettung der Banken geschrieben. Auch von Asmussen kein Wort des Bedauerns, keine Scham. Offensichtlich haben wir nicht nur eine Finanzkrise, sondern eine Gesellschaftskrise. Die zeigt sich u.a. darin, dass das Wort Scham bei den sogenannten Eliten zu einem Fremdwort geworden ist.

Von Gesine Lötzsch

linksfraktion.de, 21. Oktober 2008